Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1920, Page 1
MSTTEILUNGEN DER
ISLANDFREUNDE
r ORGAN
DER VEREINIGUNG DER ISLANDFREUNDE
HERAUSG.: prof. dr. w. heydenreich in eisenrch u. dr. h. rudolphi
IN LEIPZIG / VERLflG VON EUGEN DIEDERICHS IN JENR
VIII. Jahrg. Heft 1
Die MITTEILUNGEN DER ISLRNDFREUNDE ersdieinen als Vierteljahrssdhrift
und werden den Mitgliedern der Vereinigung kostenlos geliefert und vom
Verlage zugesandt. Der Mitgliederbeitrag betragt jahrlidi lOMark
I. einige worte uber bevölkerungszuwachs
UND STERBLICHKEIT AUF ISLAND
v^eierlei ist es, was vor allem die Aufmerksamkeit der Auslánder auf
Island gelenkt hat, die alte Sþrache und Literatur, diese beriihmten Uber-
Teste germanischer Kultur aus lange verschwundenen Zeiten, und die Natur
des Landes, vor allem seine geologische Beschaffenheit. Gletscher und Vul-
^une sind dort stets in Tátigkeit, Spuren der Eiszeit und vulkanischer Aus-
briiche findet man allenthalben und nirgends verdeckt dichter Wald oder
^cbautes I,and die Erdschichten. Diese liegen entweder bloB oder sie sind
Eirch Erdspriiuge oder FluBschluchten aufgeschnitten. — Das winzig-
Heine Volk, das diése groBe Insel bewohnt, seine Geschichte und Lebens-
VeTháltnisse haben natiirlich viel geringere allgemeine Bedeutung fur an-
(Lre Völker. Doch darf ich annehmen, daB es den „Islandfreunden" nicht
bnbekannt ist, wie geradezu einzigartig dieses Volk in mancher Beziehmrg
erscheint, z. B. wie gering seine Volkszahl ist und stets war, und was fúr eine
schwierige Stellung es gehabt hat als vorgeschobener Posten der germa-
brschen Kultur ganz drauBen im Atlantischen Ozean, unter dem Nord-
P°larkreis, in einem Eande, das sozusagen an der Grenze zwischen der
europáischen' und der Eskimokultur liegt.
Rie Islánder der Gegenwart wissen natúrlich den Glanz der alten Zeit
Zu schátzen und manches Goldkorn in der alten Literatur zu finden, aber
Ilach ihrer Meinung kommt es jetzt am meisten darauf an, daB das Volk
avs den engen Verháltnissen herauskommt, die Bevölkerungszahl zunimmt,
die niaterielle Lage sich bessert und gesunde Kultur jeder Art blúht und
1 ^itt. d. Islandfreundc VIII, i
Juli 1920
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