Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1920, Blaðsíða 8
und versah sich dort mit Rat. In keinem Hause konnte die riihrendherz-
liche islándische Gastfreuudschaft die in dem seinigen iiberbieten, und als
vor nahezu 20 Jahren sich urplötzlich eine dánische Studentengesellschaft
bei ihm anmeldete, lieB er ebenfalls auf eigene Faust in der Náhe des Geysir
eine Schutzhutte bauen und sorgte trotz der Uberlastuug seines Arntes,
daB die jungen Leute von Island sahen, was sie sehen wollten. So entstanden
denn uach und nach aus diesen und áhnliclien Anlássen au den verschieden-
sten Plátzen, auch im Innern des Landes, die Thomsenschen Schutzhútten,
welche den Forschungsreisenden bei dem fúrchterlichen islándischenKlima
den willkommensten Scliutz bieten. Alles dieses geschah aus eigenster Ini'
tiative, aus eigenen Mittelu und diene zur Charakteristik der persönlichen
Liebenswúrdigkeit, der menscheufreuudlicheu Gesinnung dieses selbstlosen
Manues.
Doch komine ich zur Sache, zur Wahrung der deutschen Interessen zu
sprechen. Als Anfang August 1914 die gesamte deutsche Hochseefischerei-
Flotte, im ganzen ixo Dampfer, in den Gewássern Islauds fisclite, war sie,
da in Unkenntnis von den politisclien Vorgángen auf dem Kontinent, der
Gefahr ausgesetzt, von den Englándern gekapert zu werden. Als sich die
Lage zuspitzte, machte sich Thomsen des Nachts unbemerkt auf den Weg,
peilte sich an die Dampfer heran und erwisclite auch glúcklich 6 von ihuen-
Er setzte die Kapitáne von diesen Ereiguissen in Kenntnis. Sofortige Ab-
reise war die Ordre; doch er predigte tauben Ohren, bis er schlieBlich deu
Kapitánen sich einfach als Vorgesetzter aufspielte und ihnen den dienst-
lichen Befehl gab, auf dem direktesten Wege nach Norwegen zu steuenl
und sámtliche andere Dampfer uuterwegs aufzusuchen. Das Vorhabeu ist
geglúckt. Die ganze Flotte gelangte unverselirt in die Heimat, uud als der
Euglánder 2 Tage spáter auf der Reede von Reykjavík anlaugte, um dic
deutschen Fischdampfer zu kapern, muBte er mit langer Nase abzielien:
Er hatte seine Kohlen umsonst verpustet. Ein Verlust dieser schöuen Flotte
hátte Thomsen persönlich tief in der Seele geschmerzt: Hatte er sie doch
im Jahre 1897 mit dem damaligen Minister Herweg ins Leben gerufen,
sah er sie doch stetig wachsen und war er ihr treuester Vater und Behúter!
Und was diese iioFischdampferwáhrend des Krieges auf Vorposten leisteten,
das weiB jeder Marinemanu, und was sie heute wieder an der Kúste Islands
fúr uns an Nahrung erjagen, das beweisen die riesigeuDorschsendungen,
die jetzt fiir Deutscliland eiu so uuentbehrliches Nahrungsmittel geworden
sind.
Durch seine ausgezeichneten Verbindungen ist es dem Konsul Thonrseu
geluugen, ungeheuere Mengen vou islándisclien Schaffellen durch die eng-
lische Blockade zu schleppen und sie wohlbehalten nach Deutschland zu
8