Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1930, Blaðsíða 8
Gjovbildung ist, ferner die Gjoven im Innern der Inseln (von mir „Inlandgjoven" ge-
nannt), die besonders in steilen Gehangen auftreten, die weniger scharf sichtbaren Gjoven
in maBig geböschtem Gelánde, dann die sehr wichtige Erscheinung, dafi sich Gjoven in
ganzen Heihen hintereinander fortsetzen und manche Inseln — mit gewissen Unter-
brechungen — von einer Kiiste zur anderen durchziehen. Die lángste dieser Gjoven-
folge durchsetzt die Inseln Strömö und Österö auf einer Strecke von 25 km. Viele
Gjoven haben Ostwest-Richtung, zahlreiche andere auch Nordost-Stidwest-Richtung,
doch gibt es auch solche, die in anderen Richtungen streichen, selten aber von Nord
nach Sfld. Dagegen sagt Peacock nichts darflber, daB diese Schluchten und Spalten
recht ungleich verteilt sind, daB sie z. B. auf Sandö fast ganz fehlen, dagegen auf den
Norderöern, Nordströmö, Österö, Vaagö und Suderö háufig sind.
Besonders wichtig sind diese Tiefenlinien fur die Hýdrographie der Inseln, indem sie
die Entwásserung an sich gezogen haben und von Báchen und Flflssen als Bett benutzt
werden. Solche Gewásser haben immer einen auffallend geradlinigen Verlauf, wie er
sonst nicht vorkommt. Auch zeigen manche Báche scharfwinklige Knicke, so daB ihr
Verlauf den beiden Schenkeln eines Winkels áhnelt. In manchen Teilen der Inseln haben
die Gewásser einen auffallend parallelen Verlauf, der dadurch bedingt ist, daB sie meh-
rere parallele ausgewitterte Gánge und Bruchlinien benutzen. Vielfach werden die
Gewásser durch Gjoven aus ihrer ursprflnglichen Richtung abgelenkt und folgen dann
nicht mehr der natflrlichen Böschung, sondern durchsetzen die Gehánge in schráger
Richtung. öfters folgen auch einzelne Strecken verschiedener Báche in schnurgeradem
Verlauf hintereinander, indem sie die Tiefenlinien einer Gjovenfolge streckenweise
durchflieBen. Báche in Gjoven können sogar in entgegengesetzter Richtung zur Nei-
gung des Plateaus flieBen. Manche Báche, die nacheinander verschiedene Gjoven
benutzen, zeigen einen auffallenden Zickzackverlauf. Kreuzen sich mehrere Gang- und
Spaltensysteme, so entsteht durch Auswitterung und Ausráumung eine Art Schach-
brett-Topographie des Reliefs. Den von Báchen durchflossenen Gjoven (von mir
„feuchte Gjoven" genannt) stehen zahlreiche andere gegenöber, die nicht zum Bett
eines flieBenden Gewássers geworden sind („trockene Gjoven"). In feuchten Gjoven
geht die Ausráumung natflrlich bedeutend schneller vor sich als in trockenen. Besonders
tiefe und groBartige Gjoven finden sich in stark geböschtem Gelánde, also in den Steil-
kústen und an den Flanken von Bergröcken und Plateaurándern.
Diese Erscheinungen hat Peacock gut beobachtet, andere sind ihm anscheinend
entgangen oder er erwáhnt sie nicht. So vor allem die wichtige Tatsache, daB viele
Gánge sáulig entwickelt sind und daB die senkrecht zu den Gangwánden, also meist
wagerecht liegenden Sáulen die Auswitterung bedeutend erleichtern und beschleunigen.
Auf diesen Umstand ist besonderer Wert zu legen. Ferner ist in manchen Gjoven das
Ganggestein zu einer gelblich-weiBgrauen, erdigen, kaolin- oder tonáhnlichen Masse
verwittert, den sog. „WeiBen Trap", wie ihn schon Geikie in den Basaltgebirgen Nord-
schottlands und der Hebriden festgestellt hat. Ich habe dieses Verwitterungsprodukt,
das bisher in der Literatur von den Fáröern noch nicht bekannt war, in mehreren Gjoven
nachweisen können. Diese weichen Massen werden durch die Erosion und Abrasion
natúrlich besonders leicht ausgewaschen und fortgefflhrt und beschleunigen die Aus-
ráumung der Gánge und Bruchlinien zu Spalten und Klúften.
Von groBer Bedeutung sind die Gjoven an den Kústen, vor allem an den der Brandung
ausgesetzten Steilkösten der AuBenseiten der Inseln, wo sie durch Abrasion und Aus-
witterung zuerst zu Kleinformen der Kúste, wie Höhlen, Tunneln, Meeresschluchten
und Kliffkanálen ausgearbeitet werden, spáter dann zu GroBformen der Kflsten-
gestaltung, Buchten, MeeresstraBen und Sunden erweitert werden können. Kreuzen sich
mehrere Gánge und Bruchlinien an den Steilkusten, so werden durch Auswitterung und
Abrasion Teile des Kliffs abgetrennt und es entstehen daraus Felsentúrme und Kliffpfeiler
die vor der Steilwand der Kúste stehen (fárisch Drangur oder Stakkur genannt). Diese
Beeinflussung der Kústengestalt durch Gjoven ist besonders gut zu sehen an den West-
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