Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1930, Blaðsíða 14
Gánge und Bruche werden auch vor der Eiszeit zu Spalten und Tiefenlinien aus-
gewittert sein. Xn diesen tiefen Schluchten, in die die Sonne selten oder nie eindrang,
haufte sich der Schnee und hier konnte er sich am langsten erhalten. Auf den Faröern
gibt es heute noch Gjoven mit „ewigem Schnee". So liegt an der Ostseite von Kunö
oberhalb vom Dorfe Skarð in der Wand des nach Nordosten geöffneten Kares Mikli-
dalur eine gegen die Sonne geschötzte Schlucht, in der der Schnee das ganze Jahr
iiber liegen bleibt. Man kann annehmen, dafi manche praglaziale hochgelegene Gjoven
der Faröer Ausgangspunkte der diluvialen Vergletscherung gewesen sind, da in ihnen
sich Schnee und Eis am ehesten ansammeln und lange erhalten konnte. Mit dem Fort-
schreiten der Vergletscherung werden manche dieser Schluchten durch Verwitterung
ihrer Wande zu Karen erweitert worden sein.
Die heutigen tiefen Gjoven sind postglazial, indem Gange und Brtlche erst nach
dem Riickzug des Eises auf der von Schutt und Pflanzendecke ungeschiltzten, aus
anstehendem Gestein gebildeten Oberflache schluchtartig auswitterten. Beispiele
dafiir, daQ Gjoven in eiszeitliche Formen eingeschnitten sind, bieten besonders die
Nordinseln. Die tiefen und langen Gjoven, die die in der Eiszeit geschaffenen Formen
durchsetzen, beweisen eine ziemlich bedeutende nacheiszeitliche Erosion; man darf
aber nicht vergessen, daB diese Erosion in Linien geringen Widerstandes erfolgte und
damit bedeutender sein konnte als im gleichmaBig festen und widerstandsfahigen
Gestein. Das Auswittern von Brúchen und Gangen kann zweifellos im fortgeschrittenen
Stadium zur Talbildung AnlaQ geben. Der auffallend gerade Verlauf mancher Talztige
weist darauf hin, daB ihre erste Anlage durch vorgezeichnete Linien geringen Wider-
standes erfolgte. Besonders das nördliche Österö zeigt solche Bildungen. Das von der
Hettnar 'A und von der oberen Laxá durchflossene Tal siidlich vom Andefjord, das bei
Eldevig múndende Tal der Storá, der Talzug zwischen Funding und Gjov mit Uttara
Dalsá und Dalá, Táler, die alle einen auffallenden Parallelismus von Súden nach Norden
zeigen, das der Breidá zwischen Bö und Sörvaag auf Vaagö, das der Fossá bei Vest-
manhavn und die scharf im rechten Winkel geknickten Táler der Heljareygá und der
Dalá östlich von Vestmanhavn gehören hierher. Das obere Dalátal wieder wird gerad-
linig fortgesetzt durch das Tal der Gjógvará. In solche schon vor der Eiszeit durch
Auswitterung und FluBerosion gebildete Táler drang dann das Eis ein, floB in ihnen
abwárts und vertiefte und verbreiterte sie.
So sehen wir in den Gjoven der Fáröer eine eigenartige Erscheinung, denen die In-
seln manche Besonderheiten verdanken und die ein wichtiges Element des Landschafts-
bildes sind. Eine Schilderung der Fáröer ohne ihre Berúcksichtigung wáre unvoll-
stándig. Sie sind in frúheren Darstellungen der Inseln viel zu wenig berúcksichtigt
worden und deshalb ist es ein Verdienst von Peacock, sich in neuerer Zeit mit ihnen
bescháftigt zu haben. Seine Ausfúhrungen ergánzen meine Beobachtungen nach der
geologisch-tektonischen Seite hin, so daB wir úber das bisher stark vernachlássigte
Gjov-Phánomen der Fáröer jetzt wesentlich besser unterrichtet sind.
V. DAS 1000JÁHRIGE ISLAND
IM KOMMENDEN WELT-LUFT - VERKEHR
Von Major a. D. Ernst, Dozent der V.-H. Múnchen
0& W. Wright, die ersten fliegenden Menschen der „neuen Welt", wurdendamals
. von der „altenWelt" die „Lúgenden Brúder" genannt, bis sie alserste auf dem
europáischen Festland — drauBen vor Berlins Toren úber dem Tempelhofer Felde —
durch Taten ihr Flieger-Können bewiesen. Anregung genug fúr Luftfahrer in der
kleinen, wenig abwechslungsreichen Garnisonstadt Neubreisach! Als Fúhrer einer
Fesselballon-Abteilung kam das BewuBtsein, wie beschránkt, oft genug blind dies
erwartungsvolle „Auge des Feldherrn" im Zukunftskrieg sein und bleiben muBte bei
der vielfachen Abhángigkeit des Drachen-Fesselballons von Wind und Wetter, von
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