Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1930, Blaðsíða 21
besser ist, sie werden auch durch „Kreuzen" ausgenutzt und dadurch die Schnelligkeit
gesteigert. Wie aber jeder KompromiB im Leben oft genug nur eine Halbheit bedeutet,
so muB auch hier gesagt sein, daB — eigenartigerweise alle bisher ausgeftihrten Trans-
ozeanfliige mit Laníi-Flugzeugen erfolgten. Das ist beachtenswert, aber leicht erklár-
lich, wenn man bedenkt, daB die an dem gewöhnlichen Flugzeug unten angebrachten
Schwimmer die Vorwártsbewegung um ein Drittel verzögern und das Flugzeug,
dessen Zweck doch „fliegen" sein soll, nicht „wassern", beschweren. Der Ozean-
fiieger sagt sich also, lieber mehr Betriebsstoff an Bord und die Flugzeit auf jeden
Fall verkiirzen, als alle etwa in Frage kommenden Notfalle zu erwágen. Da setzt eben
beim Sportsflieger, im Gegensatz zum vorsichtigen Verkehrsflieger, der unter keinen
Umstánden auch das kleinste Risiko wagen darf, der Sportsgeist ein, der im entschei-
denden Augenblick ein Risiko eingehen muB. — Fúr dererlei Erwágungen eines Men-
schen, der zu gleichenTeilen praktischerWissenschaftler, untermischt mit Sportsgeist, ist,
kann der reine Gelehrte nicht immer das nötige Verstándnis aufbringen. Nur darauf ist es
zurúckzufúhren, wenn — um nur zwei Beispiele anzufúhren — Andrée, auch Amund-
sen, und ihre unvergeBlichen Taten — bedauerlicherweise oft genug nicht allgemein
die wohlverdiente Wúrdigung gefunden haben.
AuBerdem: Herr v. Gronau war úbrigens der erste Pilot, welcher ein Schwimmer-
flugzeug zu seinem Etappenozeanflug benutzt hat. Flugboote kommen — vorláufig
wenigstens — nicht in Frage, weil sie zu schwer sind. Erst Do. X soll diese Absicht
verwirklichen. Ob es gelingen wird, bleibt abzuwarten. Doch wird dieser Unterschied
zwischen schwimmenden Flugzeugen und fliegenden Booten auch noch in weiterer Zu-
kunft beachtenswert bleiben.
Es haben ja alle an der Forschungsarbeit der nördlichen Hemispháre interessierten
Staaten nicht allein wissenschaftliches, meteorologisches u. a. Interesse, es liegen viel-
mehr auch vollkommen ungeklárte, wirtschaftliche Vermutungen, meist mehr oder
weniger begrúndeter Natur vor. Genúgen mag hier der kurze Hinweis des Kohlen-
vorkommens auf Spitzbergen und seiner Ausláufer in die weitere Umgebung. Jeden-
falls bereut es das heutige SowjetruBland ganz bestimmt, daB die zaristische Regierung
Alaska 1865 fúr rund 30 Mill. Mark an U. S. A. verkauft hat. Um so eifriger sein jetziges
kulturelles Interesse, mitzuwirken an der rein wissenschaftlichen Forschungsarbeit
in den nordarktischen Gewássern, um nicht noch einmal teures Lehrgeld bezahlen
zu mússen.
Wie groB heute úberhaupt das allgemeine Forschungsbestreben der Welt in nord-,
wie súdarktischen Gebieten ist, beweisen die bisherigen zahlreichen, nach beiden Polen
entsandten, und vor allem aber auch die derzeitigen Expeditionen — auBer den
nordischen Lándern einschl. Dánemark und RuBland —, der abgelegeneren Lánder
von U. S. A., England und Frankreich, ja selbst Rumánien will als einziger An-
gehöriger der Kleinen Entente nicht hinter den Anhángern der GroBen Entente
zurúckstehen. Uns interessieren an dieser Stelle nur die letzten Ziele und Zwecke der
deutschen Forscher. Die „Meteor"-Fahrt 1928 war der Vorbote der groBen Expe-
ditionen, die unter Fúhrung des Prof. Dr. Alfred Wegener-Graz im Frúhjahr 1930
Deutschland verlassen hat, um sich zur Erforschung Grönlands in drei Gruppen zu
teilen. Die Oststation nach Scoresby Sund, die Zentralgruppe nach dem Innern und
die Westgruppe nach dem Hafen von Umanak in Dánisch-Nordwest-Grönland. Prof.
Dr. Wegener, der Vater der Verschiebungstheorie der Kontinente, wird mit Unter-
stútzung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, und seines Forscherstabes
wáhrend I % Jahren auf dem grönlándischen Inlandseis neben meteorologischen, aero-
logischen, geodátischen und geophysikalischen Forschungen dem kommenden Welt-
luftverkehr Grundlagen zur Ausbeute verschaffen, aber auch die Grúnde festlegen,
woher die auch uns beeinflussenden Temperaturausgleiche veranlaBt werden. Hierzu
gehören Messungen der Eisdicken, Messungen ihrer Schwere und andere glaziologische
Untersuchungen an Ort und Stelle. Gerade Grönland ist die Quelle von Kaltluft-Aus-
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