Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1930, Blaðsíða 31
Menschen eine Zuruckeroberung des vom Walde verlorenen Gebiets unmöglich machen
wiirde. Davon ist aber keine Rede, denn als man mit Einíuhrung einer regelrechten
'orstwirtschaft die noch vorhandenen BaumbestSnde durch Stacheldrahtumzaunung
i r den Viehherden schiitzte und als man die Torfstecherei systematisch auf Gewinnung
anbaufáhigen Landes einstellte, nahm der allerdings noch immer geringe Waldbestand
zu (z. Z. ca. 600 qkm, d. i. ungefS.hr 0,6% vom Gesamtflácheninhalt der Insel), woraus
man den SchluB ziehen darf, daB Island siidlich der polaren Waldgrenze liegt.
E. Sonnemann hat in áuBerst reizvollen Darstellungen das Vogelleben auf den West-
mannerinseln geschildert (S. 133—141), H. Liibbert die islándischen Seefische und ihre
nationalökonomische Bedeutung behandelt.
H. Spethmann (S. 150—175) weist zunáchst auf Probleme des Vulkanismus hin und
hebt hervor, daö keine positiven Beweise fur Annahme einer einstigen Landbriicke
nach Grönland und Schottland vorliegen, wie denn auch die pflanzlichen Funde eine
ehemals gröBere Landausdehnung nicht verlangen. Er schlieBt aus der Inselnatur
Islands auf rasche Abtragung der vulkanischen Lockerprodukte und náhert sich da-
mit einer Lehre, die, wie Ref. friiher gezeigt hat, schon Platon in seinem Kritias (111)
ausgesprochen hatte. — Weiterhin kommt er auf die Probleme der Vergletscherung
zu sprechen und weist darauf hin, wie am Vatnajökull die Entstehung der Sandr und
Sölle studiert werden kann und wie man hier die TJmlagerung losen Materials durch
Windhosen und Staubschauer beobachten kann. SchlieBlich hebt er hervor, daB ent-
gegen seiner eigenen fröheren Auffassung eindeutige Spuren einer mehrfachen Ver-
eisung Islands noch nicht gefunden sind. Fiir die Entstehung der Inselberge Islands
weist er tektonische Ursachen nicht ab, meint aber, daB auch die inlandeisartige Ver-
gletscherung bei der Entstehung eine ausschlaggebende Rolle gespielt habe. SchlieB-
lich gibt der Verf. nach lángeren Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern auf dem
Gebiete der Methodologie einen nach des Ref. Meinung durchaus gangbaren Weg der
lánderkundlichen Darstellung Islands an.
Das ganze Buch ist ein erfreulicher Beweis fiir den Hochstand der deutschen Island-
forschung auf naturwissenschaftlichem Boden. Es bietet aber auch Erkenntnisse, die
weit, liber den Kreis der nordischen Insel hinaus von allgemein wissenschaftlichem
Interesse sind. K. Sapper
2. HAMBURG UND ISLAND. Festgabe der Hamburger Staats- und Universitáts-
Bibliothek zur Jahrtausendfeier des islándischen Althings. Hamburg 1930. Preis 2 RM.
Das geschmackvoll ausgestattete Heft von 59 Druckseiten mit 4 Tafeln enthált neben
einer kurzen Vorbemerkung des Bibliotheksdirektors Gustav Wahl und einem von Frl.
Bibliotheksrat Bonde verfaBten guten Aufsatz úber den islándischen Gelehrten Arn-
grímur Jónsson (1568—1648) und seine interessanten Beziehungen zu Hamburg, nament-
lich zu Philipp Nicolai, im wesentlichen eine katalogmáBige Beschreibung der zu Ehren
Islands veranstalteten Hamburger Ausstellung. In ihr steht an erster Stelle eine An-
zahl Originaldokumente (von 1500—1840) der Hamburger Islandfahrer-Bruderschaft
und eine Auswahl von Verordnungen, Briefen usw. aus dem Hamburgischen Staats-
archiv, die den bereits um 1475 begonnenen Handelsverkehr Hamburgs mit Island
betreffen. Von hervorragendem Interesse ist ferner die einzig bekannte Handschrift
der Islandbeschreibung „ Qualiscunque descriptio Islandiae", die mit höchster Wahr-
scheinlichkeit dem Islánder Sigurður Stefánsson zuzuschreiben ist, und die in unseren
,,Mitt.“, Jahrg. 16 (1929), S. 41—43 ausfúhrliche Wúrdigung fand. Unter den aus-
gestellten Drucken verdient das von Guðbrandur Thorláksson 1576 zu Hólar heraus-
gegebene Gebetbuch, daB das einzige bekannte Exemplar dieser „Bænabók" darstellt,
besondere Beachtung, ebenso das aus der PreuBischen Staatsbibliothek entliehene
einzige bekannte Exemplar von Gories Peerse’s Islandgedicht (Erstdruck 1561), das
Arngrfmur Jónsson zu seiner scharfen Erwiderung veranlaBte. Auch unter den úbrigen
Gegenstánden der im ganzen 130 Nummern umfassenden Ausstellung finden sich recht
seltene Werke, und es darf als ein besonderes Verdienst des vorliegenden Katalogs
25