Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1930, Blaðsíða 35
er in Zusammenhang mit den Angaben Aris von der ersten Niederschrift der islán-
dischen Gesetze (1118, Cap. X) und dem Hinweis auf die Ánderungen, die Ari an
seinem ersten Buch vorgenommen hat auf Wunsch derselben beiden Bischöfe (Prolo-
gus). Die Niederschrift von 1118 enthielt also das Kirchenrecht nicht. Die Bischöfe
wiinschten Weglassungen und Zufiigungen, und diese Ánderungen erkláren sich am
leichtesten, wenn die beiden Bischöfe Ari mit der Vorarbeit fur ihre Aufgabe der
Niederschrift eines Kirchenrechts betraut hatten; so versteht man denn auch, wa-
rum die Angaben uber die Gesetzessprecher und ihre Tátigkeit, vor allem úber die
kirchliche Entwicklung in Aris Búchlein einen unverháltnismáBig groCen Raum ein-
nehmen. Fur ihren Zweck konnten Geschlechtsregister und Geschichte (Regierungs-
jahre) der norwegischen Könige fehlen; die angegebenen Themata waren ihnen wichtiger;
dann ist die Islendingabók modern ausgedrúckt, eine revidierte und umgearbeitete
Ausgabe des ersten Islánderbuchs. Da das Kirchenrecht zwischen 1128 und 1133 nieder-
geschrieben sein muQ und Ari dieses nicht erwáhnt (nach der dargelegten Annahme
gar nicht erwáhnen konnte), so muB das Búchlein in dieser Zeit, aber vor der Nieder-
schrift des Kirchenrechts, verfaBt sein, also einige Jahre frúher als man sonst annahm.
Dann folgt der Text in normalisierter Rechtschreibung, eine englische Úbersetzung,
die schlicht und einfach den Wortlaut des Textes wiedergibt; es schlieBen sich An-
merkungen an, die auf alle an Aris Búchlein sich anschlieBenden Fragen eingehen und
die vollstándige Literatur dazu angeben.
Wer des Herausgebers peinliche Genauigkeit in allen seinen Schriften kennt, dem
braucht man nicht erst zu sagen, daQ wir hier ein kleines Meisterwerk grúndlichsten
Wissens vor uns haben, das fúr weitere Arbeit unentbehrlich bleiben wird. W. H.
8. PLASSMANN, I. O. Wikingerfahrten und Normannenreiche. Sammlung Deutsche
Volkheit. Jena, E. Diederichs, 1929. M. 2.—
Der Aufschwung der Bescháftigung mit den germanischen Oberlieferungen hat es mit
sich gebracht, daB auch in Deutschland Schriften úber die Wikinger und ihre Reiche
Anklang und Absatz finden. Die Arbeit unseres' Mitgliedes Prof. Dorsch in Plauen
ist leider mit seinem Tode verschollen und nie zum Druck gelangt; dafúr úbersetzte
L.Meyerdas gehaltvolle schwedische Buch von Rolf Nordenstreng (Die Zúge der Wi-
kinger, Leipzig 1925, Quelle & Meyer). Im Jahre 1928 folgte das schöne Buch von
K. Th. StraBer, Wikinger und Normannen (Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg),
das mit Liebe und Einfúhlung geschrieben Geist und Kultur der Zeit in Wort und Bild
lebendig vor Augen stellt.
Geringere Ansprúche erhebt das vorliegende Bándchen. Es beschránkt sich auf eine
úbersichtliche Darstellung der reinen áuBeren Tatsachen (mit nur gelegentlichen Seiten-
blicken auf das Gebiet der Kultur). Zwar ist es in einem etwas rhetorischen Stil ge-
schrieben, doch machen die Angaben zuverlássigen Eindruck. Zweifellos ist es wert-
voll, die Geschichte der Normannenreiche in Sizilien und Unteritalien einmal in aus-
fúhrlichererDarstellung zu lesen, zumal in unseren Geschichtsbuchern diese fúr die da-
malige Zeit so wichtigen und bedeutenden Staaten nicht zu ihrem Recht zu kommen
pflegen. Schade, daB der Verf. nicht eine kurze Úbersicht der Quellen beigefúgt hat;
auch ein paar ganz einfache Úbersichtskarten wáren wúnschenswert. W. H.
9. HERRMANN, P. Das altgermanische Priesterwesen. Sammlung Deutsohe Volkheit.
Jena, Eugen Diederichs, 1929. M. 2.—
Die Sammlung Volkheit sucht in gutpopuláren kleinen Einzelschriften dem deutschen
Volke das Erbe seiner Ahnen nahezubringen. In dieser Sammlung sind von demselben
Verfasser „Nordische Heldensagen nach Saxo", „Dánische Heldensagen nach Saxo"
und „Altdeutsche Kultgebráuche" erschienen. Dieses Heft des inzwischen uns ent-
rissenen Gelehrten bescháftigt sich mit einem wichtigen Abschnitt aus der germani-
schen Religionsgeschichte. Da die islándische Úberlieferung und die Ausgrabungen
auf Island in den letzten 50 Jahren als Quellenmaterial eine bedeutende Rolle
spielen, ist die Anzeige des Búchleins in diesen Bláttern wohl berechtigt. Es bedarf
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