Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1931, Blaðsíða 21
Durch Norwegens Eingreifen hat jedoch die Frage ein anderes Gesicht bekommen,
und es ist nicht unmöglich, daB Island somit als dritte Partei vor dem Schiedsgericht
lm Haag mit seinen Anspruchen erscheinen wird, die nach diesen Ausfiihrungen als
begrúndeter anzusehen sind als die Norwegens.
VII. DER SÚDLICHE FJALLABAKSVEGUR
Fjallabaksvegur heiBt ,,Weg hinter den Bergen". Es gibt deren zwei in Súdisland;
die Berge, hinter denen sie liegen, sind der Gebirgsstock des Eyjafjalla- und Mýr-
dalsjökull. Sie verbinden beide die inneren Landschaften der Rángárvallasýsla úber das
breite unbewohnte Hochland hinúber mit den mittleren Landschaften der Vestur-
Skaftafellssýsla, den weiten Halbkreis abschneidend, in dem die Siedlung um dies Ge-
birgsland herumliegt. Es ist jungvulkanisch, wohl der zerrissenste und unúbersicht-
lichste und, von den wenigen brauchbaren Wegen abgesehen, unwegsamste Teil des
mnerislándischen Hochlandes. Zu ihm gehören die Gletschermassive Tindfjalla-,
lorfa- und Eyjafjalla- und Mýrdalsjökull, auBerdem die Hekla. In ihm wimmelt es
von Schluchten, Schlackenkratern, Lavaströmen und heiBen Quellen. Der súdliche
Weg hinter den Bergen, der Fjallabaksvegur syðri, fúhrt aus der Landschaft Rángárvellir
zwischen Tindfjalla- und Mýrdalsjökull im Suden und Torfajökull im Norden hin-
durch in die Landschaft Skaftártunga, der nördliche Weg, Fjallabaksvegur nyrðri,
auch Landmannavegur genannt, nördlich von Hekla und Torfajökull ebenfalls in die
Skaftártunga. Dieser nördliche Weg ist gut bekannt und wird nicht selten geritten.
An ihm liegen vier Schutzhútten (im Áfangagil am Valafell, am Landmannahellir
an der Helliskvísl, in den Jökuldalir nordöstlich vom Torfajökull und am Alftavatn).
Er mag etwa 90 km lang sein. Ich kenne von ihm nur die beiden auBeren Teile. Der
súdliche Weg ist 70—75 km lang und kann an einem Tage geritten werden.
Dieser súdliche Fjallabaksvegur ist jetzt fast unbekannt. Bis vor etwa 25 Jahren
wurde er viel gebraucht. Die Bauern aus den inneren und östlichen Teilen der Vestur-
Skaftafellssýsla und dem Westteil der Austur-Skaftafellssýsla trieben jeden Herbst
die Schafe, die sie nach Reykjavík oder Eyrarbakki auf den Markt brachten, hier
herúber. Als aber in Vík í Mýrdal, an der súdlichsten Spitze Islands, ein Handelsplatz
gegrúndet wurde, hörte das Treiben der Schafe úber den Hochlandsweg auf, und
seitdem ist er ganz auBer Gebrauch gekommen, und es scheint nicht mehr viele Bauern
zu geben, die ihn sicher kennen. Da er aber stellenweise sehr schwer zu verfolgen ist
und ein Fremder ihn kaum findet, besteht die Gefahr, daB er ganz untergeht.
Der Weg ist aber wert, daB er erhalten bleibt. Er gibt einen ausgezeichneten Ein-
blick in die wildzerrissene jungvulkanische Landschaft zwischen Hekla, Mýrdals-
und Vatnajökull. Er zeigt dem Fremden immer wechselnde Bilder, zumTeil groBartig
und von der ganzen tiefgreifenden Schönheit des islándischen Hochlandes. Er ist
auch gut zu erreichen, denn er geht von einer Landschaft aus, die dem Fremdenverkehr
ganz offen steht.
Ich bin diesen Weg am 7. und 8. September 1929 gegangen. Das war reichlich spát
im Herbst, denn im September sind die Náchte schon so lang und das Wetter oft so
rauh, daB es bedenklich sein kann, sich allein in das unbesiedelte Bergland zu wagen.
Der einzige Vorteil ist, daB in den Gebirgs- und Gletscherflússen dann schon weniger
Wasser ist.
Da ich mich nicht getraute, den Weg zu finden und den Oberlauf des Markarfljót,
der auf dem Wege liegt, zu waten, lieB ich mich von Runólfur Hafliðason, dem Bauern
m Foss, dem letzten Hofe in den Rángárvellir, zu Pferde bis úber das Markarfljót
bringen. Das sind 3 oder 4 Reitstunden. Der Weg liegt lange an der Nordseite der
Dystri Rángá aufwárts, immer durch Lava. Das Land ist sehr öde, da Sandstúrme
bier in den letzten Jahrzehnten fast allen Graswuchs zerstört haben und die dunkel-
graue Lava vollstándig nackt liegt. Dagegen ist die Fernsicht groBartig, im Halbkreis
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