Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Qupperneq 31

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Qupperneq 31
Nehmen wir nur ein Beispiel: Gesetzt, ein gebildeter Landsmann von uns káme in ein íremdes Land, wo man von unserem Lande nichts wiifite auBer, daB cs da auf der Karte liegt, dicht bei Grönland. Diese glaubten, die Kultur sei dementsprechend. Sie meinten auch, das Land gehöre den Dánen, und wiirden es nicht glauben wollen, wenn man sagte, er sei ein Islánder. Da brauchte er nur auf irgendein Buch eines deutschen Islandfreundes hinzuweisen oder es vorzuzeigen, dann wurden alle sehen, daB die Nachbarn der Grönlánder ein Kulturvolk sind, mit den ersten Nationen der Welt verwandt. Dann lcönnte es einen Vorteil haben, sich um ihn mehr zu kúmmern. Denn alle wollen lieber Gemeinschaft und Verkehr mit gebildeten Leuten haben als mit wilden oder halbwilden Völkern. So káme dann die deutsche Gelehrsamkeit den Islándern sehr wohl zustatten. Die Dánen staunen ebenfalls bereits úber das Interesse der Deutschen an unserer Literatur. Die Deutschen kennen und schátzen aber auch die Literatur der Dánen, Schweden und Norweger besser als sonst irgendein groBes Volk. Sie verstehen den nordischen Geist besser als alle anderen Völker, sie verstehen die Edden und die alten Sagas auBerordentlich gut. Und warum tun sie das ? Weil sie den nordischen Völkern náher stehen als alle anderen Völker. Und weil sie lernbcgieriger und weitsichtiger sind als die anderen Völker. Darum vermögen sie auch die Bildung der kleinen Völker richtig einzuschátzen. Sie wollen alles mögliche kennen, einen Uberblick úber das ganze Menschenleben gewinnen, dieses in allen seinen Formen bei kleincn und grofien kennen. Und dabei sind sie so grúndlich und sorgfáltig, daB sie das Kleinste beachten und z. B. rasch den Unterschied zwischen der grönlándischen und islándischen Pflanzenwelt und dergleichen sehen, wo auf den ersten Blick Ubcreinstimmung zu herrschen scheint. Und sie finden ihren Heldengeist in unseren Sagas und auch in den Liedern Hall- gríms (Pjeturssons) und Bjarnis (Thorarensen). Und dieser Geist weht jetzt wie ein gewaltiger Sturm úber die ganze Welt. Ja, er erweckt die Funken des Heldengeistes, die bei uns noch unter der Asche glúhen, zu neuem Leben, so schwach es auch sein mag. Daher ist es sehr wahr, was unser Dichter Steingrímur Thorsteinsson sagt (Skírnir 1915, 333): Die Deutschen kennen unsere Volksart in alter und neuer Zeit besser als die meisten anderen Völker und zeigen uns bei jeder Gelegenheit aufrichtige Anteil- nahme. Sie waren und sind zu gebildet und hochherzig, als daB sie den Stab úber uns bráchen, weil wir arm, wenig und klein sind. Dieses Volk steht uns von Natur náher als irgendcin anderes, die des Nordens aus- genommen. Björnstjerne erklarte die PreuBen den Norwegern áhnlicher als die Dánen und die PreuBen sind das erste Volk im Deutschen Reiche. Viele werfen den Deutschen „Militarismus" und Streben nach Kriegsruhm vor. Doch sachte I Die Deutschen sind unter sich friedfertig, und friedfertig zeigen sie sich, wenn sie hierher kommen (und dort herrscht ein liumaner Geist in vielen Dingen, und Hinrichtungen sind in Friedenseziten seltener als in England). Kehren wir Iieber vor der eigenen Túre. Wir haben 600 Jahre lang Frieden gehabt, vor allem in den letzten 300 Jahren. Kein gröBeres Volk hat eine so lange Friedenszeit genossen. AIso múBte bei uns das glucklichstc Friedensparadies der Welt sein. Zu uns muBten die Friedensapostel in Scharen kommen, um das Vorbild zu sehen. Uns ist viel gegeben, darum wird man auch von uns viel fordern. Wir mússen also gröBere Liebe der Menschen untercinander zeigen als alle anderen Völker, wenn wirklich die Militárlosigkeit fúr den Alltagsfrieden ein solcher Segen ist, wie man sich einbildet. (W. H.) VI. ZU ERKES ISLANDREISE 1914 brachten Petermanns Geogr. Mitteilungen im Septemberheít 1916 einen Bericht, d,em wir auszugsweise íolgendes entnehmen. 73

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