Mitteilungen der Islandfreunde - 01.10.1929, Side 13
Gibt es denn einen Frauennamen Krýs oder Krís ?
Bei Goldast in rerum Alamannicarum scriptores ed. III, Francofurti et Lipzia 1730
wird ein Frauenname Krisa erwahnt. Ebenso kommen vor die durch Cris- erweiterten
Namen Crisulf, Criselher und Crisololf, vgl. auch den Mannesnamen Grisus (zu ahd. gris
grau)l.
Es láöt sich nicht ermitteln, wie der Name Krisa nach Island gekommen sein mag;
íails diese Deutung das richtige trifft, miiBte der Name isl. Krýsuvík (wie auch friiher
iiblich war) oder Krýsarvík heiBen. Alexander Jóhannesson
VIII. QUER DURCH ISLAND
Yon Keinhard Prinz, Kiela
ýgjarhóll" — Hiigel der Riesin — kein besonders verlockender Name fur einen
V lisla.ndischen Bauernhof, wenn man nach langem Tagemarsch mude und verregnet
an die Tiir klopft und um EinlaB bittet. Auch sieht so ein altislándischer Bauernhof
nicht immer sehr einladend aus: Die Wánde sind aus abwechselnden Lagen von Feld-
steinen und Rasensoden geschichtet; auf dem niedrigen, rasengedeckten Dach wuchert
es uppiger als auf der wallumgebenen Hauswiese rund um den Bau —; dieser nimmt sich
von weitem und von oben gesehen wie ein Grashiigel aus, auf den man eine Art Vogel-
Scheuche oder eine Tonne — den Schornstein — gesetzt hat. Nur die Vorderseite des
Hauses ist mit diinnem Holz verschalt. Mit ihren kleinen Fenstern und der zierlichen
Giebelreihe der neben- und aneinanderstehenden Gebáudeteile blinzelt sie mit ruhrender
Miene gen Siiden. öffnet man die Tiir, so stolpert man in einen langen, dunklen Gang,
an dessen Ende ein Lichtschimmer irgendeine Ritze durchdringt und das Vorhanden-
sein eines hellen Zimmers verrat. Gar manchmal wird man iiberrascht von der Behag-
lichkeit dieser Innenráume.
Aber diese alten Höfe sind so naturhaft verwurzelt mit dem Boden, so verwachsen mit
Barben und Gestalt der Landschaft, daB sie zu ihr gehören wie das dickwollige Schaf, das
an den Berghángen den besten Kráutern nachklettert, und wie das kleine halbwilde
Pferd, das úber die Weide jagt und den reiBenden FluB durchschwimmt. Die neuen
Bauten, aus Beton oder wellblechbekleidetem Holz aufgefúhrt, unförmig und charakter-
los, sind eingedrungen wie der fremde Tourist mit Sclilangenhautmantel und Lack-
gamaschen, der mit seinem Fernstecher úber die Hálfte seiner Umgebung hinwegsieht.
Auf Gýgjarhóll ist man erstaunt úber die Auslander, die sich zu FuB in das unbe-
kannte Land aufgemacht haben. Auf Island pflegt man zu reiten — Eisenbahn gibt es
noch nicht, AutostraBen nur in der Náhe einiger gröBerer Kústenorte. Man reitet eines
Von den kleinen, stámmigen, ausdauernden islándischen Pferden. Und wenn man eine
lángere Reise unternimmt durch dieses weglose Land, in dem die Höfe weit zerstreut
Begen, dann nimmt man noch ein zweites Pferd fúr das Gepáck mit. Doch wir wollten
es auf unsere deutsche Art versuchen. Wir wanderten, trugen all unser Hab und Gut
auf dem eigenen Rúcken und hofften mit Hilfe von KompaB und Karte und Wörterbuch
^uch ohne den úblichen landeskundigen Fúhrer durchzukommen. Da mocht'en die Leute
auf Gýgjarhóll wohl erstaunt sein. Nichtsdestoweniger nahmen sie uns auf wie hohe
Gáste; so empfanden wir jedenfalls die islandische Gastfreundschaft. Kaum hatten wir
Unsere nassen K'eider abgelegt, als schon eine Tochter des Hauses erschien, um uns
den Willkommenstrunk aufzutragen: starken, ausgezeichnet zubereiteten Kaffee mit
Sahne und viel Kuchen dazu. Das Mádchen war frisch gekámmt und ihre langen blonden
Zöpfe waren sauber geflochten. Eine reine Schúrze verdeckte das alltágliche Kleid; als
sie uns spáter das Abendessen brachte, hatte sie die schöne, vornehm schlichte Tracht
der Frauen ihres Landes angelegt. Ihr Gang und alle Bewegungen, mit denen sie den
Tisch ordnete, waren ruhig und fast feierlich; ja, eine seltsam anmutende Feierlichkeit
1 Vgl. Förstemann: Altdeutsches Namenbuch I, 551. 2 Aus den Schleswig-Holstein-
schen Hochschulbláttern.
37