Reykjaviker Fremdenblatt - 27.07.1927, Blaðsíða 3
REYKJAVIKER FREMDENBLATT
Wirtschaftliches
über Island.
Die Wirtschaft Islands, zer-
fällt in zwei Hauptzweige Land-
wirtschaft (Viehzucht) und
Fischerei.
Die Landwirtschaft
war von der frühen Kolonisation
bis vor ungefähr drei Jahrzehn-
ten die hauptsächlichste, seit-
dem hat ein ziemlich rapider
Rückgang stattgefunden, wel-
cher besonders auf die rege Ent-
-wicklung der Fischerei zurück-
zuführen ist.
Zur Zeit kann man feststel-
len dass ca. 45% der hundert-
tausendköpfigen Bevölkerung
in der Landwirtschaft ihre Exi-
stenz finden. Die Beschaffen-
heit des Landes offenbart der
Landwirtschaft grosse Schwie-
rigkeiten, und wie man ^ich
leicht verständlich machen
kann, schliesst die Kürze des
Sommörs, jede Art von Acker-
bau aus, so dass die landwirt-
schaftliche Bevölkerung an
Viehzucht allein angewiesen
ist, in besonderen Schafe, Rind-
vieh und Pferde.
Die landwirtschaftlichen Ex-
portprodukte sind Schafwolle,
Felle und meistens Hammel-
fleisch welches in gesalzenem
Zustande in Norwegen Absatz
findet. Die Ausfuhr der land-
wirtschaftlichen Produkte be-
tiagi jaiiriwii etwa- Mil-
lionen Kronen. In verschwind-
end geringen Massstabe gehört
die Erzeugung von Butter unter
■ den Exportwaren und befriedigt
kaum die Nachfrage des In-
landmarktes.
Der Fischfang, der seit
Jahrhunderten mit kleinen of-
fenen Ruderkähnen für die Er-
zeugung von getrockneten
Stockfisch betrieben wurde, hat
sich in der 80 Jahren mit der
Einführung von Deckschiffen
nach englischem Muster grund-
sätzlich in Grossbetrieb ver-
wandelt. Der grosszügliche Auf-
schwung der Fischerei, der Is-
land in die Reihe der exportie-
renden Länder gestellt und das
Wirtschaftleben des Volkes aus
dem stagnierenden Zustande
^der Naturalwirtschaft gehoben
hat, fing doch erst mit der Ein-
führung der Dampfer (Trawl-
ers) an, ungefähr 1906—’IO.
Dieser Aufschwung hängt auch
mit dem Liquidieren des dän-
ischen Joches, welche die na-
türliche Entwicklung des Vol-
kes seit dem Mittelalter bis in'
Alitte des 19. Jahrhunderts ge-
hemmt hat, zusammen.
Jetzt ist die Stabilisierung.
der Produktion in einer be-
stimmten Richtung eine unver- ^
leugnbare Tatsache, Island
Kat sich einen, ob wie natür- j
lieh, kleinen, Platz auf dem
Weltmärkte gesichert. — Wie
Die Kunst in Island.
Die Entwicklung der isländ-
ischen Kunst hat erst in aller-
neuester Zeit grosse Vorschritte
gemacht.
jüngere Maler- Islands sich
Ruhm für ihre Arbeiten sowie
hier wie auch im Auslande er-
worben.
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Von den weltberühmten Bild-
hauer Albert Thorvaldsen, der
einen isländischen Vater hatte,
abgesehen, können wir Einar
Jonsson als unseren grössten
Künstler auf dem Gebiete der
Bildhauerkunst bezeich-
nen, wessen Kunstmuseum eine
der hauptsächlichen Sehens-
würdigkeiten unserer ausländ-
ischen Gäste sein wird.
Von isländischen Kunst-
malern sind Äsgrimur Jonsson
und Johannes Sveinsson Kjar-
val die hervorragendsten. Eben-
falls haben Jon Stefänsson,
Finnur Jonsson u. a. moderne
Die isländische Theater-
kunst hat mit grosse Schwie-
rigkeiten zu kämpfen gehabt,
welche besonders auf den Man-
gel eines guten Theatergebäudes
zurückzuführen ist. Aber bereits
sind Vorbereitungen zum Bau
eines erstklassiß-pn Nntional-
theaters gemacht worden.
Als isländische Dramatikern
hat der vor einigen Jahren jung
verstorbene Johann Sigurjöns-
son sich den grössten Ruhm er-
worben, und stürmischen Beifall
in allen bekanntesten Theatern
Europas geerntet.
T. G.
Importiert: Lebensmittel,
Textilwaren,
Papier und Papierwaren.
Exportiert: Wolle,
Schaffelle,
Därme,
Fisch,
Fischtran,
Fischblasen und andere isl. Produkte.
schon oben erwähnt,
wurden früher die Fi-
sche in trockenem Zu-
stande ausgeführt, jetzt
aber gehen. die islän-
dischen Klippfische auf
dem spanischen Markte
als prima Ware. — Er-
wähnt sei auch hier die
Herstellung und Ex-
portierung von Leber-
tran,, welcher für medi-
zinische und technische
Zwecke verwendet wird.
In nahen Zusammen-
hang mit der Klippfisch-
produktion steht die
Ausnutzung des Fisch-
abfalles Einige Fabri-
ken die Futter- und
Düngmehl erzeugen sind
schon in Tätigkeit. Viel-
leicht werden auch sie
eine zukünftige Bedeu-
tung für die Isländer
haben. Man kann diese
kurze- Notiz, ohne den
Heringfang zu erwäh-
nen, nicht abschliessen.
„Das Meer ist die Goldkiste
Islands“ lautet ein einheimiches
Sprichwort und das hat sich
auch in dieser Beziehung be-
wiesen. Seit 1912 treibt man
an der Nordküste Islands einen
rationellen Heringfang. Gesal-
zene Heringe, Heringöl und
Fischmehl werden nach Nor-
wegen, S-weden, Deutschland
und in der neuesten Zeit nach
der Sowjet Union exportiert. —
— Die isländischen Fischban-
ken sind der Einwohner grös-
Von der Mehrstimmigkeit kann-
te man nur eine alte Art von
Duettsang, den sogenannten
Quintgesang, der in modernem
Sinne gar nicht harmonisch
klingt.
Mit der Einführung des Orgel-
harmoniums hielt die moderne
Mehrstimmigkeit ihren Einzug
auf Island, und vor ca. 60 Jah-
ren hörte man erst einen rich-
tigen vierstimmigen Chorge-
sang.
Jetzt gibt es zahlreiche Ge-
ster Segen, der Kabliau und der sangvereine, ein Harmonium
Hering werden von jetzt ab die^oder Klavier*sieht man fast, in
ganze Wohlfart der kleinen jedem Hause und nun wird auch
Bevölkerung Islands bedeuten, j grosses Gewicht auf das Lernen
TT i „... anderer Instrumente gelegt.
Haukur Bjornsson.
In Reykjavik hat man nun
schon lange ein recht gutes
Blasorchester, und vor ca. zwei
Jahren hat man sogar ein Sym-
fonieorchester errichtet. Viele
jungen Isländer suchen jetzt
Die isländische Musik hat mit musikalische Ausbildung im
grossen Schwierigkeiten zu Auslande, zum grössten Teil in
kämpfen gehabt. Vor 50 bis
Die Musik in Island.
In neuester Zeit wird der Kab-
liau auch in modernen Trocken-
häusern verarbeitet.
100 Jahren kann man die Ver-
hältnisse, teils als rein kaotisch
— teils als prä-mittelalterlich
bezeichnen. Es gaben damals
ausser der menschlichen Kehle
fast keine Musikinstrumente.
Die Leute benutzen aber ihre
guten Stimmen recht fleissig
und sangen Kirchenlieder, Tanz-
lieder unk Volkslieder.
Deutschland. Es ist also aller
Grund zu erwarten, dass diese
schöne Kunst auf Island eine
— wenn auch späte — so doch
jschnelle und solide Entwicklung
erleben wird.