Mitteilungen der Islandfreunde - 01.06.1913, Side 13

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.06.1913, Side 13
mit der Veröffentlichung gewartet und sich nur schwer dazu entschlossen; man mag sich also zur Sache stellen wie man will, er ist ernst zu nehmen. Doch soll uns hier nicht die psychologische Beurteilung beschaftigen, ich will aus dem ganzen nur einen Abschnitt herausgreifen, der allerdings den Mittelpunkt bildet; fiir diesen darf ich das Interesse alier voraussetzen, denen das altislándische Schrifttum etwas bedeutet: es handelt sich um nichts weniger, als daB Ketil aus Mörk (Nj áls Schwiegersohn) uns von der Entstehung der Njálssaga und den Ereignissen erzáhlt, die zum Tode des Höskuld Hvítanesgodi fiihrten. Ketil, der dem Verfasser náchtlich im Traum erschienen ist, teilt mit, daB alle Beteiligten den gröBten Wert darauf legten, die im Njálatexte falsch oder ungenau dargestellten Ereignisse zu berichtigen. Er erzáhlt: Die Njálssaga1 besteht aus drei urspriinglich selbstándigen Sagas, der Saga von Gunnar Hámundarson, der Saga von Höskuld Hvítanesgodi und der Saga von der Njálsbrenna. Drei Jahrhunderte nach Höskulds Tod wurden die erste und dritte vereinigt und, was von der zweiten noch vorhanden war, dazwischen geschoben. Das ging nicht ohne Gewaltsam- keit ab, und wegen seiner VerstöBe gegen die Wahrheit hat der Ordner nicht verdient, daB sein Name auf die Nachwelt kommt. Falsch sind z. B. die Angaben iiber das Verhalten des Mörd, der als ein Schurke erscheint; tatsáchlich tritt er zum ersten Male beim Tode Gunnars auf, und weil er nur im Gefolge Gissurs ist, wird ihm von Skarphedin und Högni das Leben geschenkt; was vorher von ihm erzáhlt wird, ist unwahr, schon weil er nicht alt genug dazu war. Ferner ist Höskulds Tod kein „Nei- dingswerk"; denn Mánner, wie Skarphedin und Kári hátten sich dazu nicht hergegeben. Die Ereignisse waren vielmehr folgende: Auf dem Wege zu einem Gastgebote Höskulds stiirzt Njál mit dem Pferd und muB sich nach Hause schaffen lassen; seine Söhne und Kári reiten auf seinen Wunsch dahin. Dort schmáht gegen Abend der freigelassene Ire Kjarval vor Höskuld, der seinem Pflegevater zu Ehren den Hochsitz freigelassen hat, Njál, und da der darúber erregte Höskuld nicht sofort scharf entgegentritt, kommt es zu einem Wortwechsel zwischen Skai'phedin und Höskuld. Skarphedin geht hinaus, Höskuld tadelt den Iren schwer, Kári folgt Skarphedin und sucht ihn zu versöhnen; trotzdem Skarphedin sich uberzeugt, daB nur ein MiBverstándnis vorliegt, verláBt er mit den Seinen die Versammlung. Die Sache wáre leicht auszugleichen, aber beide werden von ihren Leuten gegeneinander aufgehetzt und auch ein wohlgemeinter Versuch des greisen Njál scheitert daran, daB keiner 1 Es sei darauf hingewiesen, daö die „Geschichte vom weisen Njál“ in der Samm- lung „Thule“ deutsch erscheinen wird. 13

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