Mitteilungen der Islandfreunde - 01.10.1913, Side 6
lángeren Aufenthalt eine zweite Heimat geworden war. Mendelssohn
liebte an Island das groBe Schweigen der Natur, seine Lavafelder, seine
Gletscher, das Primitive seiner Kultur. Die Einsamkeit Islands war ihm,
dem sensitiven Kiinstler, die notwendige Anregung, um fiir seine Kunst
zu einer inneren Geschlossenheit seiner Persönlichkeit zu kommen. Er hat
im Verein mit dem Islánder G. G. Z o é g a in der Sammlung „Polyglott
Kuntze" einen kleinen islándisch-deutschen Sprachfiihrer herausgegeben;
ferner iibersetzte er fiir die Sammlung „Thule“ die „Grönlánder- und
Fáringergeschichten" und veröffentlichte eine Ubersetzung von E i n a r
Hj örleifssons Roman: Ofurefli, unter dem Titel: líbermacht, Berlin
1912 und Thit Jensen, Mona RoB, Roman aus dem heutigen Island,
Frankfurt a. M. 1913. Jetzt stand er im Begriff, den Winter in Island zu
verleben, um einige literarische Arbeiten zu Ende zu bringen, und auch
mehrere touristische Pláne bescháftigten ihn. Der Tod hat allem ein friih-
zeitiges Ende gesetzt. Wer ihn persönlich kannte, wird ihm das Andenken
eines hoffnungsvollen Kiinstlers und eines sympathischen Charakters be-
wahren. Eugen Diederichs
J. C. POESTION 60JÁITRIG
nser Ehrenprásident J. C. Poestion inWien, der am 3. Febr.
V_/ 1913 zum k. k. Hofrat (Rang eines Generalmajors) ernannt worden ist,
hat am 7. Juni seinen 60. Geburtstag gefeiert. Zahllose Freunde
und Verehrer des unermiidlichen Meisters haben ihm an diesem Tage ihre
Huldigung dargebracht. So lesen wir in dem eben erschienenen Heft der
islándischen Zeitschrift Skírnir ein Gedicht des greisen Dichters S t e i n -
grímur Thorsteinsson, dessen 80. Geburtstag vor 2 Jahren P.
durch eine eigene Biographie mit ubersetzten Proben aus seinen Dichtungen
(Georg Miillers Verlag, Miinchen und Leipzig 1912) gefeiert hatte. Das
Gedicht Steingrímursan den Jubilar kann man etwa folgendermaBen
ins Deutsche iibertragen:
AN HOFRAT J. C. POESTION
zum 60. Geburtstag am 7. Juni 1913
Du Sohn des Siidens, der du um das Land
Des Eises váterlich dich angenommen,
Du machtest unsere Art und Ehr bekannt,
Und unser Ruf hat viel dadurch gewonnen. i
Des Geistes Reichtum hast in Lieb’ und Treu
Zu unsres Volkes Frommen du gespendet:
Drum sei von hier stets tausendfach aufs neu
Dir unser ehrerbiet’ger Dank gesendet.
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