Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1956, Síða 57
35
Beide Falle setzen vorangehenden u-Diphthong voraus: der
Schwund von g ist durch die hohe Zungenstellung namentlich der
vorausgehenden Vokale bedingt1, derjenige von [r] durch deren
stark labialen Charakter (extreme labiovelare Vokale)2.
Sehr unsicher ist, ob die vereinzelte Form Koungmum Dan 11,7
diphthongiertes o bezeichnet, da sie eher fehlerbaft fur »konung-
enum« (mit Fehlen des Nasalstrichs) gesetzt ist.
Der Schwund von [r] tritt vereinzelt in der 1. Half te des 15.
Jahrhunderts auf, scheint aber vor dem 16. Jahrh. keine nennens-
werte Verbreitung gehabt zu haben, wahrend der Schwund von g
vor dem 16. Jahrh. anscheinend iiberhaupt nicht belegt ist. Da sich
sonst vor 1600 keine sicheren Anzeichen fur die Diphthongierung
finden3, scheint sie zwar im 15. Jahrh. begonnen zu haben, jedoch
vor 1500 nicht stark verbreitet gewesen zu sein. Im 17. Jahrh. ist
sie dann wenigstens fur d durch Runolfur Jonsson ausdriicklich
bezeugt4.
b) Fur die Diphthongierung æ > ai bestehen in der GB verschie-
dene Anzeichen:
1. die Kiirzung æ> a in atla < ætla und wohl auch in hvenar <
hvenær (s. § 47), die die Lautung [af] voraussetzt, da Kiirzung des
Monophthongs é im Aisl. e ergab5.
2. die Schreibungen Verklægenu Esdra 3,8, J nidurlæge Nah
form 13, sienlæge, Sach 12,12 (2mal). 13.14 (2mal) (: sierilage Sach
12,12), wt af Safnadarins hialp og samlæge (: samlag) I Tim form 18.
Sie zeigen, dass die Lautgruppen -ægi und -agi in \aiji\ zusammen-
gefallen sind6.
3. Formen wie Fisketæurnar (: tægja) Job 41,7, ad hann læe
(KonjPråt: liggja) I Mos 39,10, athlæe Psalt 109,25 usw. (s. § 83),
ferner (PI) Dæeliger II Mach 3,26 (< adan. degeleg mit Aussprache
1 vgl. Kress S. 164.
2 vgl. Kress S. 82 f.
3 Der tlbergang <5 > u in fremden Namen wie Arun, Simun, Tumas (15. Jh.,
vgl. § 38), auf den fslOrSm S. XI hingewiesen wird, darf kaum als Argument
fur die Diphthongierung von 6 herangezogen werden, vgl. J6n Helgason ANF 43:
S. 90. Sehr unsicher ist auch das von Hægstad S. 83 angefuhrte vereinzelte sovr
(Prat: sverja, in einer ITrkunde von 1440), das wohl eher Verschrieb fur »svor« ist.
4 vgl. Hægstad S. 83.
6 vgl. NorAisl § 127,6.
6 vgl. Kress S. 29 f.