Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1956, Side 145
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aber anderseits der Ubergang p > f in derselben Stellung wenn
auch selten schon seit dem Aisl. belegt ist (s. § 100) und im Nisl.
sowohl altes / wie altes p vor s, t im allgem. dureb / vertreten sind,
ist es schwierig zu beurteilen, welcher Lautwert dem håufigen p
in der GB (wie schon in alterer Zeit) beizumessen ist. Jedenfalls
darf p nicht von Anfang an nur als Schreibform fur bilabialen
Spiranten1 2 oder als umgekehrte Schreibung fiir p > f aufgefasst
werden, da ein wirklicher Ubergang ft > pt in heutigen west-
norw. Dialekten bezeugt ist (ob er dialektal auch im Nisl. vorkommt,
wie Hægstad fur die Gegend der Bingeyj arsysla angibt, erscheint
allerdings zweifelhaft)3. Da das zum Teil heute noch bilabi-
ale /3 hinsichtlich des Artikulationsorts dem p uberhaupt sehr nahe
gelegen haben wird, ist es durchaus moglich, dass (wenigstens vor
t) seit dem Aisl. ein lange Zeit dauerndes allgemeines Schwanken
zwischen Verschluss- und Reibelaut bestand, wobei (nach den Yer-
håltnissen in der GB) / dort bevorzugt werden konnte, wo es durch
verwandte Formen ohne t (s) gestiitzt wurde, dagegen p vielleicht
besonders in schwachbetonten Wortern wie eptir. Allerdings ist
auch schon in alterer Zeit mit einer starken orthographischen
Tradition zu rechnen, da auch nisl. trotz sozusagen allgemeiner
Aussprache / wenigstens bis vor kurzem noch oft p geschrieben
wurde4.
Anm. 1: p steht mehrmals fiir /in Apglape Pred 10,2.10, Apglapa
Ordzk 17,21, Apglapans ibid. 24,9. Wenn / und p bzw. die hier
in Frage kommenden \v\ und [6] hinsichtlich der Artikulations-
stelle einander nahe lagen (auch [«] kann wohl heute noch gele-
gentlich bilabial sein5), so lasst sich auch hier ein sporadischer
Ubergang zum Verschlusslaut (unter besonderem Einfluss des
folgenden p) denken (vgl. auch § 80). Allerdings ist auch Druck-
fehler (Vorwegnahme des folgenden p, wie sie sicher in dem Fali
vt ap vpprisunne Framlidinna Marc 12 R. vorliegt) nicht ausge-
schlossen.
1 vgl. Heusler § 159, Hægstad S. 63.
2 vgl. GdaGr § 296, Seip, Språkhist S. 66, Hægstad S. 63 f., speziell uber/s> ps
(als eine Art Dissimilation aufgefasst) Sturtevant, Language 7: S. 191, dagegen
IslTunga § 224.
3 vgl. Kress S. 74, Hægstad S. 63.
4 vgl. Hægstad S. 63 mit Fussn. 1, Cl-Vigf S. 137.
6 vgl. Kress S. 77, Stefan Einarsson: Bedrage zur Phonetik der isl. Sprache
(1927) S. 14.