Íslenzk tunga - 01.01.1965, Blaðsíða 83
ÁIIERZLA Á NEITUNARFORSKEYTINU Ó-
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ZUSAMMENFASSUNG
Untersuclit wird die Wortbetonung der Adjektive und Partizipien mit dem
Verneinungspartikel ó- im Isliindischen. Formal (nach der Betonung) und in-
haltlich lassen sie sich in zwei Klassen einordnen: A und B. Das gilt allerdings
nur fiir die pradikative Stellung dieser Wortklassen. Die A-KIasse hat die Erst-
betonung ('—) und hat folgende Unterabteilungen: 1. Alle Adjektive, die ohne
die ó-Vorsilbe noch zusammengesetzt sind. Beispiele: óskiljanlegur, unver-
standlich, óstundvís, unpiinktlich, usw. 2. Alte ein- und zweisilbige Adjektive,
deren ó-Partikel kontrar oder gegensetzlich gegeniiher dem positiven Stamm zu
bezeichnen ist; ójríður : jríður. Ein semantisches Kriterium: Das ó- ist hier
starker als eine einjache Vcrneinung und bildet stufenweise eine ununter-
brochene Kette vom Positiven zum Negativen:
H—jjríður (schön) -\-ekki ófríður ~ekki jríður -f--h-ójríður
—•i—’-ljótur.
Das zweite Glied in der Kelte ist eine Litotes (= ekki ó-). 3. Der positive
Stamm ist nicht gebrauchlicli: ósvíjinn, frech, óvœginn, schonungslos. 4. Ein-
zelne Glieder, die nicht einen Gegensatz zum Stamm bilden: ófrískur, schwan-
ger, vgl. jrískur, gesund. Die kontraren ó-Silben der Partizipien gehören zu
den gebrochenen Kelten und haben meist iibertragene Bedeutung.
Die B-Klasse bekommt als Prádikativ, d.h. als Endglied einer Periode, die
Betonung auf die zweite Silbe (—'): ó'nízkur, nicht geizig. IJier ist óL, un-,
gleich eklci, nicht, zu setzen. Die Vorsilbe ist kontradiktorisch oder wider-
sprechend und als eine einfache Verneinung zu werten, sieh Tabellen im Text,
A und B. „ó-“ ist hier Litotes, da „ekki ó-“ nicht gebráuchlich ist. Ein zweiter
Unterschied zwischen A und B ist das Stamm-Morphem. A kann nur positiv
sein, so auch in der altislándischen Dichtung, wáhrend B die beiden Vor-
zeichen, -j- und trágt. Offenbar ist die B-Betonung urspriinglicher, denn die
Dichtung vom 10. Jahrliundert an hat nur diese, auch in der heutigen A-Klasse.
Die Analyse hat erwiesen, abgesehen von naturlichen und verstándlichen
Schwankungen, dass die B-Betonung im Islándischen heute noch lebendig ist.
ÍSLENZK TUNGA
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