Mitteilungen der Islandfreunde - 01.10.1914, Blaðsíða 25
VI. GUÐMUNDUR KAMBAN, HADDA PADDA
Drama i íire akter. Kabenhavn og Kristiania1.
Gyldendalske Boghandel. Nordisk Forlag. 1914
Liest man seine Lieblinge unter den Wortkunstwerken vor, so wird man
*immer wieder beobachten können, wie gewisse letzte Werte erst beim
Lautwerden des Kunstwerkes zur Geltung kommen. Wie das Liebgewonnene
eme letzte Feuerprobe bestehen muB, so wird das erstmalige laute Vorlesen
eines einem noch unbekannten Wortkunstwerkes zu einer wesentlichen Be-
Hrteilung desselben fiihren. Der Vorleser wird Vermittler, Verdeutlicher; er
tritt begeistert ein fiir das ihm Liebgewonnene, etwas zaghafter auch fiir
das Neue. Beim Vorlesen kampft er einen unmerkbaren Kampt gegen das
Oberfláchliche und Spöttische im Wesen seiner Zuhörer fiir das Lebendige
und Wertvolle des Werkes. Versucht man ein in einer fremden Sprache
geschriebenes Drama beim Vorlesen aus dem Stegreií zu iibersetzen, so ist
man dabei in noch erhöhtem MaBe Mitgestalter, um nicht zu sagen Mitver-
antwortlicher. Kambans Drama habe ich daduich auf mich einwirken
iassen, daB ich das Vorlesen zum Ubersetzen machte. Ein iVyáhriger Auf-
enthalt in Norwegen gibt schon die nötige Sprachbeherrschung fiir die
leichte Prosa dieses Stiickes. Zwei Beobachtungen drángten sich mir dabei
auf. Die eine betrifft die Sprache; sie ist mir in Norwegen zuerst gekom-
nien, als ich mir wohlbekannte Stiicke von Ibsen im Urtext las. Das Uber-
Setzen aus einer dem Deutschen verwandten Sprache scheint mir seine be-
sonderen Schwierigkeiten zu haben. Man ist háufig zu leicht geneigt, die
Verwandten Wörter einzusetzen, was eine Sinnesánderung mit sich bringen
Lann, und vergiBt gerne, daB eine gewisse Armut der noch so jungen nor-
v'egisch-dánischen Schriftsprache einen um so gröBeren Inhaltsreichtum des
emzelnen Ausdruckes bewirkt. Die andere Beobachtung geht das Drama
als solches an. Das Suchen nach dem Ausdruck, das augenblickliche Ringen
^ut dem Worte bringt einem wáhrend des lauten Ubersetzens die Seelen
rier einzelnen Personen ganz besonders nahe. Man geht ein in die vom
Uichter geschilderten Charaktere und deren Handlungen und fiihlt sich da-
^urch zu einem innerlichst begriindeten Urteil iiber die Worte und die
Uandlungen berechtigt, die der Dichter seine Gestalten sprechen und be-
gehen láBt. Wenn ich im folgenden mit einer kurzen Inhaltsangabe des
£)as Drama ist gleichzeitig auch islándisch erschienen unter dem Titel: Hadda
t'adda, Sorgarleikur í fjórum þáttum, Reykjavík 1914. — Der Besprechung liegt
dánische Ausgabe zugrunde, denn das Drama ist in Kopenhagen mit Erfolg
aufgefiihrt worden; da es nach Zeitungsnachricht nicht unwahrscheinlich ist, daB
es in einer aus dem Danischen ubersetzten Gestalt bald einmal auf einer deutschen
búhne erscheint, soll schon jetzt darauf hingewiesen werden.
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