Læknablaðið - 01.06.1939, Side 16
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lÆKNABLAÐIÐ
lung sind und wie falsch es ist, hier
einen Gegensatz konstruieren zu
wollen.
Die Natur bietet uns viele und
gute Heilmittel, aber sie stehen
nicht immer und nicht iiberall zur
Verfugung. Die stattdessen ange-
wendeten kúnstlichen Mittel erset-
zen die naturlichen oft nicht voll-
kommen, zum Teil ist ihre Wirkung
auch andersartig. Dies gilt u.A. von
der kiinstlichen Höhensonne, deren
nicht sehr glúcklich gewáhlter Na-
me andeuten soll, dass hier eine
Art ,,Sonnenersatz“ geschaffen
worden ist. Dass dem nicht so ist,
weiss jeder Fachmann. Die kiinst-
liche Höhensonne kann und soll die
natúrliclie nicht ersetzen, wir kön-
nen sie aber jederzeit und ingenauer
Dosierung anwenden. Ferner hat
uns die Wissenschaít Mittel gege-
ben, die die Natur in dieser Stárke
und mit dieser Sicherheit der Wir-
kung nicht bietet. So gibt es in der
Natur kein Mittel, das die moder-
nen Anaesthetica und Narcotica
gefahrlos ersetzen könnte. Die ent-
sprechenden in der Natur vorkom-
menden Mittetl haben sámtlich
starke Giftwirkungen. Die uns zur
Verfúgung stehenden kúnstlichen
Mittel in entsprechenden Fállen
nicht anzuwenden, ist eine unnötige
Grausamkeit gegen den Patienten.
Ein Beispiel möge dies erláutern.
Ein bekannter Vertreter der Natur-
heilkunde litt an einem Lungen-
krebs. Die von seinem Behandler
angewendeten Mittel wie Packun-
gen, Tees u.s.w. genúgten nicht, um
dem von unertráglichen Schmerzen,
Husten, Kurzatmigkeit und Schlaf-
losigkeit geplagten Patienten Ruhe
zu verschaffen. Erst nach einer
endlich gegebenen Morphininjek-
tion fand der Mann zu ersten Mal
nach Wochen Linderung und
Schlaf.
Ohne Anaesthetica und Narcoti-
ca gábe es auch keine moderne
Chirurgie.
Der verantwortungsbewusste Arzt
wird also auf keines der Mittel ver-
zichten, die ihm zu Gebote stehen,
gleichgúltig, woher sie stammen,
wofern sie besser geeignet sind,
seinem Patienten zu helfen.
Welche natúrlichen Heilmittel im
alten Sinne des Wortes stehen nun
auf Island zur Verfúgung? — Die
Antwort kann nur lauten: Unge-
fáhr alle. Gewisse Schwierigkeiten
bestehen allerdings bei der diæ-
tetischen Therapie. Eine streng ve-
getarische Diæt, namentlich auch
als Rohkost, wird sich besonders im
Winter und fúr lángere Zeit nur
schwer durchfíihren lassen. Die
mit ihr in manchen Fállen zu er-
zielenden Erfolge sind nicht zu
bestreiten. In Betracht kommt sie
u.A. als Entfettungskur, die auf Is-
land wohl keine grosse Rolle spielt,
ferner als eiweiss- und kochsalzarme
Schonungsdiæt bei Nephritis sowie
besonders bei Hypertonie, bei der
die Entsalzung des Ivörpers sicher
sehr wichtig ist. Weitere Indikatio-
nen sind die uratische Diathese,
Thyreotoxikosen, Neurosen u.a. m.
— Da der geringe H C1 Gehalt die-
ser Diæt das Durstgefúhl herab-
setzt, ist sie auch bei Herzdecom-
pensation und Oedemen angebracht.
Dass aber, wie behauptet wird, die
vegetarische Diæt ganz allgemein
naturgemásser sei und leistungs-
steige wirke, ist nicht richtig. Ge-
naue Untersuchungen bei den
Olympiakámpfern und -siegern
1936 haben ergeben, dass diese, un-
abhángig vom Klima ihrer Heimat,
eine gemischte, eiweiss- und fett-
reiche, leichtresorbierbare Nahrung
zu sich nahmen. Die Ernáhrungs-
weise war ihnen freigestellt und im