Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1925, Blaðsíða 8
den Gehöfte Slóri-Nýibær wohnen, in gröfiter Aufregung. Die Erdbeben hatten sie
mehrere Tage und Náchte beunruhigt; der stárkste StoB war Donnerstag, 4. September,
nachmittags erfolgt. Die Erde wogte so, daB ein Mann, der beim Grasmáhen war, um-
íiel; Steine sturzten von den Bergseiten herunter; Schafe und Pferde jagtcn in gröBter
Angst davon. Was in den Hiitten nicht niet- und nagelfest war, fiel von den Wánden
oder sturzte um; doch blieben die Hútten selbst ziemlich unbeschádigl. Trotzdem uber-
nachteten die Leute liebcr im Freien und einige in der aus Holz gebauten Kirche.
Nach dem stárksten StoBe sah man, wie die Dampfausströmung aus den alten
Schlammkratern ganz gewaltig zugenomroen hatte, und bei náherer Untersuchung er-
gab í'ich, daB an mehreren Stellen tiefe Spalten klafften und am Bergabhang ein ncuer
máchtiger Schlammvulkan entstanden war. Sein lánglichrunder Krater hat einen Durch-
messer von schátzungsweise vier zu 8 m. In ihm brodelte unter ungeheuerer Dampf-
cntwicklung eine dickflussige Schlammasse wie ein Grtitzebrei. Der Sclilamm wurde
glockenförmig etwa 4—5 m hoch aufgewölbt, bis er zerplatzte. Dieser Vorgang wieder-
holte sich im Anfang mit groBer Geschwindigkeit, wohl bis I5mal in der Minute. All-
máhlich lieB die Háufigkeit dieser Ausbrtiche etwas nach; doch bleibt der Schlamnx
in dem Krater in heftigem Kochen und starke Dampfstrahlen schicBen unaufhörlicb
nicht nur aus dem eigentlichen neuen Schlammvulkan, sondern auch aus zahlrcichen
Erdrissen in der Umgegend hervor.
IV. MEINE SIEBTE ISLANDREISE
Von Heinrich Erkes, Köln
Im Sommer 1924 besuchte ich zum siebenten Male Island. Die Reise dauerte von
Ende Juni bis in die zweite Hálfte September; sie hatte zum Hauptzweck geogra-
phische Untersuchungen in bisher unbekannten Teilen des Sprengisandur und seiner
Grenzgebiete, sowie am Vindhcimajökull. Hiermit verband sich ein Ausflug zum Bor-
garfjnrd, eine Reise durchs Súdland bis Kirkjubœjarklaustur und Umgegend (Skapta-
fellssýsla) und tiber den nördlichen Fjallabaksvegur (Skaptá, Eldgjá, Kýlingsvatn usw.).
ein zehntágiger Aufenthalt an der Hekla, ein erneuter Besuch des Westlandes (Isafjord,
Stykkishólmur mit Helgafell, Sandui am FuBe des Snæfellsjökull) und schlieBlich der
Halbinsel Reykjancs bis zum entlegenen 'Utskálar. Die geographische und sonstige Aus-
beute war trotz mancher Schwierigkeiten wie ungiinstiger Witterung usw. sehr befrie-
digend. Fachberichte tiber Einzelheiten gingen an Petermanns Geogr. Mitteilungen, an
Geografisk Tidsskrift und andere Blátter. Einen ziemlich ausftihrlichen Reisebericht
mit Kartenskizze veröffentlichte die Beilage zu Nr. 726 der Kölnischen Zeitung vom
14. Oktober 1924.
Es liegt nicht im Rahmen unserer , .Mitteilungen", ausftihrliche ReiseschilderungeC
zu bringen; doch mag viele unserer Islandfreunde der Eindruck interessieren, den ís'
land, im besonderen Reykjavík, beim Wiedersehen nach zehn Jahren auf mich machtc-
Dies möge rechtfertigen, wenn nachstehend auszugsweise der Anfang einer lángeren
Darstellung meiner Reise folgt, deren Veröffentlichung in Vorbereitung ist:
„Vor allem dank islándischer Freundschaft und Freigiebigkeit war es mir vergönnt.
nach zehnjáhriger Unterbrechung Island wiederzusehen. Ende Juni fuhr ich von Köln
tiber Berlin und die Ostsecinsel Falster nach Seeland, freute micb tiber KopenhagenS
tiberlegene Ordnung und Volkskultur, bei der als kleines Beispiel in den Kirchen dlC
besten Bánke nalie dem Predigtstuhl nicht den zahlungsfáhigsten Gláubigen, sondern
denen, die schwer hören können, eingeráumt sind, und reiste mit dem guten islándischen
Dampfer „Gullfoss" an dcn sudlichen Shetlandinseln, an der Insel Foula und wcstl'01
den Fáröern entlang ohne Unterbrechung bis zu den Westmánncrinscln. Im Abendlic'1 _
sandten unter Wolkenschleiern dio tief herab mit Schnee bedeckten Eyjafjöll, Tin
fjallajökull und Hekla den ersten ernsten GruB der „Bergfrau" zu uns hertiber. '
Eyrarbakki an der Stidktiste gingen wir vor Anker, muBten aber iníolge der zunchmc11
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