Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1927, Blaðsíða 15
erzahlen mag. — Etwas islandisch Schweres, irgendwie íeierlich Verhaltenes bleibt íur
unser Gefuhl selbst noch in solch einer vertanzten und versungenen Festnacht hangen.
Doch als ich einmal in der Nacht unter den Winterhimmel trat und in der Ferne die
schweren Berge ragen und die Gletscher im fahlen Mondschein dammern sah, da konnte
ich nicht anders sein und fiihlen als alle diese hier geborenen Menschen auch.
Noch ein wunderbarer Abend war mir beschert, bevor ich dann allmahlich zu Fu8
und zu Pferde und mit dem Auto mich wieder nach Reykjavík zu bewegte — der Syl-
vesterabend. Ich wanderte allein uber die Rangávellir auf den dunklen Schatten des
Þríhyrningur zu und wollte die Neujahrsnacht beim Sýslumaðurauf Efrihvoll verbringen.
Am Himmel trieben lose schwarze Wolken. Wenn sie den Mond frei gaben, leuchteten
ebensolange die Gletscher vor mir auf. Dann wurde es wieder dunkel. Ich ging úber
hartgefrorene Sandflachen und lange Strecken úber knisterndes Eis. Nach und nach
verzog alles Gewölk, bis plötzlich ein in groöem Bogen schweifendes Nordlicht durch
die Sterne zuckte. Fast zu gleicher Zeit sah ich den Schein von vielen Feuern auflohen
weit um mich her: Auf den Höfen hatten sie die Neujahrsfeuer angezúndet — eine alte
Sitte und ein Fest vor allem fúr das junge Volk. Denn so ein Feuer kann man sich auf
Island nicht alle Tage leisten.
Ich stand allein und weit noch entfernt von allen Mensclien auf der von Meer und
Gebirge umschlossenen Ebene. So versank fúr mich das alte Jahr, eines der seltsam
bannenden und unerschöpflich reichen Island-Jahre, und so grúCte mich das neue, un-
endlich lockend noch einmal mit seinen Bildern von der lichtumströmten Schönheit dieser
Island-Sommer: Weit in der Runde schwebten wie groíie glúhende Kugeln die Freuden-
feuer der Menschen, im Norden glommen, hoch gebaut und schön gewölbt die Gletscher
und schneegeschmúckten Berge im silbernen Mondlicht; darúber wehte das Nordlicht
in zarten Schleiern und riesengroflen, farbig flackernden Fahnen; und zuhöchst im
schwarzen Himmelsgrund glúhten die Sterne wie die Edelsteine einer einzigen groflen
Krone úber diesem traumhaft schönen Reich des nachtumfangenen Lichts.
Reykjavik R. Prinz
V. GOLD BEI REYKJAVÍK
DaB Gold sich in den Quarzadern der Basaltniassen Islands findet, ist
eine altbekannte Tatsache. Bisher ist es jedoch nie gelungen, es mit
Nutzen zu gewinnen. Als um 1905 in der öskuhlíð in unmittelbarer Nahe
von Reykjavík angeblich lohnende Goldfunde gemacht wurden, brach auf
Island ein wirkliches Goldfieber aus. Sehr viel Geld ist dabei verloren wor-
den, und das ist wohl der Grund, warum die neuen Funde bei Miðdalur,
einem kleinen Gehöft ungefáhr 20 km von Reykjavík eutfemt und nicht
weit abseits der grofien RandstraBe nach Thingvellir, auf Island teils gar
keiner Beachtung, teils gröBtem MiBtrauen begegneten.
Es wird erzáhlt, vor mehreren Jahrzehnten habe ein Islánder, der Gold-
minen in iiberseeischen Tándern kennenlernte, bei einem Besuch in Miðdalur
zufállig Spuren von Goldvorkommen bemerkt. Die Eigentiimer des Gehöfts
hátten spáter deutliche Anzeichen von Gold in einer mehrere hundert Meter
langen Quarzader entdeckt, die sich quer durch ein Bachtal bei Miðdalur
zielit und von dem Bach durchschnitten ist. Das Gebiet wurde schlieBlich
vom Nordischen Bergkontor, Hamburg erworben, und in Betrieb genommen.
Da die in das Untemehmen gesteckten Mittel nicht genugt zu haben scheinen,
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