Rit (Vísindafélag Íslendinga) - 01.06.1949, Blaðsíða 39
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iiber im Lande verbleibenden Vögel ungiinstige Lebens-
bedingungen schafft, sind doch die Watvögel dadurch noch
ganz besonders benachteiligt, dass es bei ihnen von der
Tide abhangt, ob und inwieweit sie den kurzen Tag wirk-
lich zur Nahrungsaufnahme benutzen können. Es leuch-
tet ein, dass den Tieren zwangsláufig jeder Zugang zu
ihrer Nahrung versperrt bleiben muss, sobald die Flut
in die Mittagsstunden fállt, ein Gesichtspunkt, auf den
schon Thienemann im zweiten Teil seiner ,,Reise“
aufmerksam macht.1) Schliesslich kann zu gewissen Zei-
ten auch durch auflandige Winde soviel Wasser in die
Fjorde und Buchten getrieben werden, dass fiir die Dauer
einiger Tage selbst bei tiefer Ebbe ein nennenswerter
Riickgang des Wasserstandes nicht festzustellen ist. Durch
das Zusammenspiel dieser drei Faktoren, zu denen noch
eine Reihe weiterer, weniger bedeutungsvoller hinzutre-
ten kann, wird die Möglichkeit einer Katastrophe fiir die
in Frage stehenden Arten in bedenkliche Náhe geriickt,
sofern nicht andere, den vorgenannten in ihrer Tendenz
entgegengesetzte Kráfte und Einrichtungen fiir den not-
wendigen biologischen Ausgleich sorgen. In dieser Ver-
bindung hat wiederum Thienemann (l.c.) darauf hin-
gewiesen, dass insbesondere Cálidris maritima u. U. auch
„im Finstern ihr Futter suche“, was ihr dadurch möglich
sein soll, dass ihr Hauptnahrungstier, eine kleine, nicht
náher bezeichnete Krustazee, angeblich mit leuchtenden
Augen versehen ist. Da Thienemann jedoch den Na-
men des betreffenden Krebses nicht mitgeteilt hat, ist es
schwierig, zu dieser Angabe Stellung zu nehmen; der háu-
fige Flohkrebs Gammarus spec., der im Siidwesten des
Landes neben diversen kleinen Molluskenarten eine be-
vorzugte Nahrung der Meerstrandláufer bildet, ist damit
jedenfalls nicht gemeint, zumal dieser, wie ich mich selber
verschiedentlich iiberzeugt habe, weder Leuchtaugen noch
sonstige Leuchtorgane besitzt. Nichtsdestoweniger wurde
ich es fur verfruht halten, den auf alle Fálle interessan-
1) F. A. L. T h i e n e m a n n, Reise im Norden Europas, 2. Abt.,
p. 97. Leipzig 1827.