Rit (Vísindafélag Íslendinga) - 01.06.1949, Blaðsíða 55
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Was nun das Vorkommen der einzelnen Rassen im Lande selber
angeht, so diirfte ausser der auf Island beheimateten Brutpopulation
C. fl. islandica (Hantzsch) auch die grönlándische Form C. fl. rostrata
(Coues) als Zug- bzw. Wintergast auf der Insel zu erwarten sein.
Einige Stucke meiner Sammlung zeigen die Merkmale der Rasse auf
jeden Fall so deutlich, dass ich nicht zögere, sie zu rostrata zu stellen.
Ob deren Auftreten allerdings regelmássig und in grösserer Anzahl
erfolgt, muss bei der Unsicherheit, die hinsichtlich der Unterschei-
dung beider Unterarten bislang geherrscht hat und immer noch
herrscht, vorláufig unentschieden bleiben. Die Mehrzahl aller bishe-
rigen Angaben uber C. fl. rostrata in Island diirfte jedenfalls einer
kritischen Nachpriifung nicht standhalten.
Neben den beiden eben besprochenen dunklen Rassen des Birken-
zeisigs kommen nun in Island besonders im Winter auch auffallend
helle Stiicke vor, die sich insbesondere durch weissen Biirzel und ver-
háltnismássig schwache Streifung der Körperseiten auszeichnen. Es
sind dies die Vögel, die B i r d in seiner oben angezogenen Arbeit als
C. fl. exilipes (Coues) beschrieben hat und von denen mir ebenfalls
eine kleine Serie vorliegt, die ich dem freundlichen Entgegenkommen
von K r. G e i r m. in Akureyri verdanke. Ich muss allerdings be-
kennen, dass ich fur das Verfahren von B i r d, diese hellen Exem-
plare lediglich auf Grund gewisser Úbereinstimmungen in der Ge-
fiederfárbung zu exilipes zu fiihren, eine Reihe geographischer
Schwierigkeiten erblicke. C. fl. exilipes ist bekanntlich ein zir-
kumpolar verbreiteter Vogel, der die arktischen Gebiete Nordame-
rikas und Nordasiens bewohnt und in Europa nach Westen zu bis
Lappland gefunden wird. In Grönland fehlt er, doch tritt im Norden
des Landes die grössere und noch hellere Form C. fl. hornemanni
(Holb.), der sog. Schneezeisig, gewissermassen an seine Stelle.
Angesichts dieser geographischen Verbreitung der Rasse könnte es
immerhin Bedenken erregen, die hellen islándischen Winterstucke als
exilipes zu bezeichnen, zumal ihr Auftreten nach K r. G e i r m.s Be-
obachtungen keineswegs ausnahmsweise, sondern ziemlich regelmás-
sig erfolgt. Dass die Vögel aus Nord-Russland iiber Skandinavien
nach Island kámen, also sozusagen als „drift-migrators“ anzusprechen
seien, vertrágt sich schlecht mit der Tatsache, dass die Form von den
Britischen Inseln nur als sehr seltener Gast bekannt ist (Br. Hdb.,
Vol. I, p. 74), und fur die andere Möglichkeit, dass es sich um west-
liche Wanderer aus dem arktischen Nordamerika handeln könnte,
fehlen vor der Hand sámtliche Anhaltspunkte.
Diese Schwierigkeiten versucht nun S a I. auf eine neuartige Weise
dadurch aus dem Wege zu ráumen, dass er exilipes nicht mehr — wie
bisher — als geographische Rasse von C. flammea ansieht, sondern
sie als eine helle, weissburzelige Mutante betrachtet, die innerhalb
verschiedener Rassen des Formenkreises auftritt. Er schreibt mir
unter dem 5.4.42: Nachdem ich vor einigen Jahren das grosse sibi-
rische Material im Britischen Museum untersucht und jetzt Ihre Bir-
kenzeisige gesehen habe, bin ich geneigt anzunehmen, dass sowohl
exilipes wie holbölli als Mutanten aufzufassen sind. Wáhrend exilipes