Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1922, Blaðsíða 4
beim platonischen Bedauern, alsbald stellte sich auch die islandische Regierung ein
und machte ihm glánzende Angebote, unter denen er zu wáhlen hatte. Man trug ihm
eine Professur an der Reykjavíker Hochschule an und die Stelle eines Direktors an der
Landesbibliothek. Poestion war aus privaten Griinden genötigt, dankend abzulehnen.
Dies tat jedoch der Liebe der Islánder keinen Eintrag, und man iiberschuttete ihn
mit Beweisen der Anhánglichkeit, nicht nur aus dem Norden selbst, denn sein Name
war bekannt, wo nur ein Islánder wohnte, und sogar aus Indien kam ein Angebot der
Hilfsbereitschaft. Diese Vornehmheit der Gesinnung muBte Poestion um so mehr
befriedigen, als die Anerkennung, die er vom amtlichen Österreich, vom neuen wie
vom alten, fand, eine sehr fragwiirdige geblieben ist. Er war Mitglied zahlreicher wissen-
schaftlicher Gesellschaften Europas und Amerikas, Ehrendoktor von Graz, der Uni-
versitát seines Heimatlandes, von der österreichischen Regierung hat er nie mehr
erreicht, als eine karge Subvention fur die Anschaffung einiger wissenschaftlicher Werke,
eine Summe, die in Neuösterreich vollends zur Lácherlichkeit herabgesunken war.
Aber er setzte sich zeitlebens dariiber leicht hinweg, der Dank aus dem Norden, die
Anerkennung, die er droben in allen wissenschaftlichen und literarischen Kreisen in
höchstem MaBe genoB, entschádigten ihn reichlichst. Das Leben dieses Mannes, das
einen immer noch zu friihen AbschluB gefunden, war ein ruhiges und arbeitsames.
Poestion war am 7. Juli 1853 in Aussee geboren, studiertein Grazund Wien Germanistik
und klassische Philologie, lebte erst als freier Schriftsteller und wurde 1886 als Nach-
folger Wurzbachs in die administrative Bibliothek des Ministeriums des Innern berufen,
als deren Vorstand er vor einigen Monaten in den Ruhestand trat. Der im Vorjahr
in Wien gegriindete „Bund der Freunde Skandinaviens" hat Poestion zu seinem Ehren-
vorsitzenden gewáhlt, und hátte keine wiirdigere Persönlichkeit dafur finden können.
Poestion hinterláBt eine Witwe und eine Tochter, die mit dem Oberregisseur des Biirger-
theaters, O. H. Norden, vermáhlt ist.
II. DIE MUSIK AUP ISLAND IN UNSERER ZEIT
Von HAI,L,DÓR JÓNSSON
(SchluB)
Damit ist auch Deuten, dieBegabung zur Tondichtung haben, ein Weg ge-
wiesen, diese Anlage zu pflegen. Auch ist zu bemerken, da£S Sigfús ein
ausgezeichneter Dehrer ist. Von eigenen Werken von Sigfús Einarsson sind
erschienen: „Islándische Melodien fiir 4 Mánnerstimmen" 1903, 12 an Zahl,
„Dobgesang" (lofgerð) aus Davids Psalmen 1904 mehrstimmig gesetzt mit
Begleitung, „Volksmelodien" 1911, 10 an Zahl, „Zwei L,ieder“ 1911; „Die
Fahne" (1906) zu einem Gedicht von Einar Benediktsson, „JónasHall-
grímsson" 1907, „Am Gesetzesberg" 1907, „Pjetur Gudjohnsen" 1912, „Volks-
melodien" III, 12 an Zahl 1914. Ferner: „Dieder" (Die Geige) zu einem
Gedichte von Einar Benediktsson, „Das Eand der Tráume" zu einem Ge-
dicht von Gudm. Magnússon, „Es schláft das Eicht" zu einem Gedicht
von Þorsteinn Erlingsson und „Blaue Augen" zu einem Gedicht von Stein-
grímur Thorsteinsson. Viele Eiedermelodien von ihm finden sich in Zeit-
schriften imd Singbiichern zerstreut, viele sind noch nicht gedruckt. Be-
sonderer Beliebtheit erfreuen sich die 4 letztgenannten, die in Konzerten
oft gesungen werden. Ferner „Sprengisand" (zu einem Gedicht von Grímur
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