Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1925, Síða 4
ef sá er alsnotr, sem á (das Herz eines klugen Mannes wird selten froh, wenn
der ganz klug, der es hat1.
Die Familie, aus der Egil stammt, die Leute aus den Mýrar
(Siimpfe), waren sehr verschieden: zu diesem Geschlecht gehörten die hub-
schesten aber auch die háBlichsten Mánner auf Island. Sein GroBvater
Kveldúlfr stammt von den Halbtrollen, geht nachts in verwandelter Gestalt
um, ist múrrisch und unzugánglich, von engem Gesichtskreis und miBtrauisch:
Er will mit dem König keine Freundschaft haben, von keiner Neuerung etwas
wissen, er ist ein kráftiger Arbeiter, túchtiger Hauswirt. Sein Sohn Skalla-
grímr ist schwarzhaarig und háBlich; er gleicht seinem Vater in áuBerer Fr-
scheinung und Gemútsart. In ihm ist in der Egilsage dem guten islándischen
Bauem ein práchtiges Denkmal gesetzt.
!’ Die andere Art der Mánner aus den Mýrar kommt durch Salbjörg, die FraU
Kveldúlfs, in die Familie. Sowohl ihr Vater wie ihr Bruder werden als edle,
stattliche Mánner geschildert, sie selbst als eine schöne Frau. Nach seiner
Mutter und deren Anverwandten geraten ist Þórólfr Kveldúlfsson und in die-
selbe Reihe gehören spáter Þórolfr Skallagrímsson, Kjartan 'Olafsson, Skúli
Þorsteinsson usw. Die bedeutendste Persönlichkeit des Geschlechts aber,
Egill Sliallagrimsson, erbte die Eigentúmlichkeiten der beiden verschiedenen
Einien — also kann man keinen inneren Ausgleich erwarten. ÁuBerlich gleicht
er in voller Schárfe seinem Vater und GroBvater, ist schwerfállig in seinem
Benehmen und Sinn, kann seinen Empfindungen nur mit Múhe Ausdruck
geben, ist habsúchtig und geizig und im Alter ein vortrefflicher Hauswirt-
— Anderseits ist er abenteuerlustig imd kampfesfroh, liebt Gold und Seide.
Egil schlieBt sich an Könige und GroBe an und die Freundschaft wird das
wichtigste Ereignis in seinem Eeben.
Die Ungleichartigkeit seiner Natur tritt bei seiner starken Natur verhált-
nismáBig wenig stark hervor. Doch zeigt sicb seine Habsucht gelegentlich
in unschöner Weise (sogar seinem Freunde Arinbjörn gegenúbeij. Wie stark
aber der innere Gegensatz in Egils Natur ist, sieht man daran, daB von den
Modemen der eiue Egil ansieht als den typischen Reprásentanten des alten
Sippengedankens (Grönbech), wáhrend der andere (A. Olrik) den Durcb-
bruch des Individualismus bei ihm feststellt. Er war eben beides.
Wenn auch das Einvernehmen zwischen Egil und seinem Vater Skallagrn11
nicht das beste ist, sieht der Vater in ihm doch den geeigneteren Erben fnr
das Familiengut Borg als in seinem Bruder Þórólf, der wie sein Vaterbrudef
gleichen Namens als Wikinger hinauszieht. Seine Mutter sieht zwar, daB
auch in Egil Wikingerblut steckt, doch der Vater will davon nichts wissen-
Im Tempel vSkallagríms wurde natúrlich Thor verehrt, und man kann sogaf
1 Genzmer, Edda II, 127, 46, entfernt sich etwas vom Text.
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