Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1927, Síða 21
unterhalt die Anlage und hat einen Verwalter mit freier Wohnung angestellt. Am Tage
ist fiir Pferde nichts zu zahlen, nachts je 25 aurar. Unterkunft fur Personen kostet
je Nacht nur 1 króna.
7. Unser Mitglied Heinrich Erkes unternahm von Juni bis September 1926 seine achte
Islandreise. Bei durchweg guter, klarer Witterung konnte er im unbekannten Landes-
innern seine frúheren Untersuchungen zum AbschluB bringen. Namentlich stellte er
gegenúber allen bisherigen Karten bedeutende Abweichungen fest sowohl in der topo-
graphischen Lage der Randgebirge des nördlichen Sprengisandur zwischen Hofsjökull-
öxnadalur im Westen und Skjálfandafljót im Osten, als auch der in diesem bisher
unerforschten Gebiet verlaufenden obersten Zugange (drög) zu den nach Norden gerich-
teten erstaunlich langen Tálem. Das Kartenbild dieses Teiles von Inner-Island, das
bisher durchaus irrefúhrend war, wird durch diese Untersuchungen wesentlich berich-
tigt. Ferner besuchte Erkes nochmals die Askja, die im Juni 1926 einen neuen Aus-
bruch hatte; bei diesem Ausbruch hat sich aus dem Askjasee ein Krater erhoben und
bildet eine vulkanische Insel von etwa 300 m Umfang und etwa 40 m Höhe, an deren
SúdfuQ ununterbrochen zahllose heiBe Dampf- und Wasserstrahlen zischen. Ein aus-
fuhrlicherer Bericht úber Erkes ’Reise soll demnúchst folgen.
YIH. VORTRÁGE
Herr Direktor D. Kunizemiiller in Freiburg i. Br. hat am 6. Múrz 1926 in der Vortrags-
reihe des Volksbildungsausschusses zu Donaueschingen einen Lichtbildervortrag úber
seine Reise in Island gehalten. Zuhörer etwa 150.
IX. ABSCHNITTE AUS „SPIEL MIT HALMEN“
(LEG MED STRAA)
Von Gunnar Gunnarsson
Obersetzt von Martha Timpe, Bremen, z. Zt. London
[Fortsetzung]
Noch ehe dieses aus meinem Körper sich verflúchtigt hatte, kam die alte Begga
mit einem Lederbeutel, aus dem sie unzahlige gröBere und kleinere Salbenkruken
hervorzog. Es kam mir so vor, als ob sie sich reichlich viel Zeit nahme, um sich nach
der richtigen Salbe hinzuriechen und hinzuschmecken, und doch war ich andererseits
froh selbst uber den geringsten Aufschub. Lange bevor die alte Begga die Salbe ge-
funden hatte, trat Madame Anna in die Stube, und ich begann nach und nach die Be-
deutung der Sache und ihre Annehmlichkeiten zu merken. Da sie alsbald erzáhlte,
sie hútte einen Bruder, dem einmal von einem Pferde das Bein entzweigeschlagen wárc,
war ich nicht weit davon, mich ein biBchen zurúckgesetzt zu fúhlen und zu wúnschen,
es möchte mir doch auf jeden Fall mindestens ebenso schlimm ergangen sein. Als ich
aber hörte, daB Madame Annas Bruder seitdem das Bein nachzöge und daB er so emp-
findlich gegen Witterungsumschlúge wúre, daB er jammerte, wenn bloB der Wind sich
drehte, gab ich mich zufrieden und beneidete ihn nicht langer. Madame Anna verehrte
mir ein ganzes Paket Schokolade, meine Mutter holte mir Rosinen und die alte Begga
versprach mir Kandis. Madame Anna und die alte Begga besahen meine Schrammen
und Madame Anna versicherte'munter, ich könnte ganz ruhig sein: „Das verwáchst
noch, bis du heiratest!” Die alte Begga, die stark nach Rauch rocli, schmierte mich
hier ein und sclimierte mich dort ein, riB ein Laken iri lange Streifen, wickelte mich
damit vollstándig ein, als ob sie vorhátte, ein Garnknauel aus mir zu machen, und war
so recht in ihrem Elemente. AIs sie sich dartiber beklagte, daB bei mir „die halbe Kruke"
draufgegangen sei und daB sie nun die ganze Nacht aufsitzen und Salbe kochen múBte,
klang das gar nicht ganz wie Klage.
Mltt. d. Islandfreunde XIV, 2/3
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