Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1927, Side 23

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so wunderlich an, wie mir vorkam, und ich bildete mir ein, da(3 er es vermied, ihren Augen zu begegnen. Er kam geradewegs ans Bett, lachelte mir zu und íragte in die Luft hinein: ,,Na, wie steht es mit ihm?" ,,Er ist so tapfer!" antwortete meine Mutter warm. „Nun hat die alte Begga ihn eingerieben und verbunden — nun wird er rasch gesund, der kleine Knirps." Madame Anna, die mit gekreuzten Armen am FuBende des Bettes stand und — ohne etwas von ihrer ruhigen Wiirde preiszugeben —■ mir jedesmal, wenn ich sie zufiillig an- sah, Gesichter schnitt, fugte in weichem Tone und mit drollig-ernstem Ausdruck ihres vollen Gesichtes liinzu: „Uggi kann wohl zufrieden sein . . . Du kannst groBen Vorteil aus diesem Erlebnis ziehen, mein Junge. Wenn du einmal heranwáchst und irgendwer will dich schlagen, brauchst du nur zu sagen: „LaB das bleiben! Es war einmal ein Pferd, das mich schlug — und das starb deshalb." — Dann möchte ich den wohl sehen, der dich anzurúhren wagte!" Mir schien, das klang gewaltig forsch, und ich nahm mir vor, es mir zu merken. Eine jáhe Röte schoB meinem Vater in die wettergebráunten Wangen. Da beugte er sich úber mich und sagte mit etwas zu durchsichtigem Ernste: „Du brauchst wohl eigentlich ein Pferd, nicht wahr?" Ich meinte natúrlich innerlich das gleiche, — jetzt, wo er selbst es sagte. Gleichwohl schúttelte ich den Kopf, — eine Zurúckhaltung, die mein Vater indes scheinbar miB- verstand. „Nun, — wenn du selbst es nichl meinst!" bricht er den Handel ab. Die Ohren werden mir heiB. „Icli habe ja keinen Sattel!" sage ich, um ihn beim Thema festzuhalten. „Weiter nichts?" antwortet mein Vater munter. „Man kann doch ohne Sattel rei- ten, — hingegen wohl kaum ohne Pferd! Oder ist es bei dir vielleicht umgekehrt ? . . . tíbrigens dauert es wohl noch ein Weilchen, bis du auf einem Pferde sitzen kannst — und bis dein Pferd einen Mann tragen kann! Ich denke, ihr werdet ungefáhr gleichzeitig reitfertig, du und Brunkas Roter! Aber vielleicht machst du dir nichts aus ihm?" Ich schlinge meine Arme um meines Vaters Hals und versuctie seine Lippen im Barte zu finden. Ich bin allzu úberwaltigt, als daB ich ihm mit Worten Dank sagen könnte. Wie er von mir weggeht, strecke ich die Arme nach meiner Mutter aus. Danach kommt Nonni an die Iíeihe, die alte Begga und Madame Anna — alle mússen einen KuB be- kommen. Inzwischen kommt Siggas Papa dazu. Er bringt mir ein Bilderheft mit und bekommt einen besonders herzlichen KuB und eine besonders warme Umarmung. Wie er sich aufrichtet, nachdem er etwas mit mir in seiner heiter-ernsthaften Art ge- scherzt hat, sagt er zu meinem Vater: „Es hat nicht den Anschein, als ob das Alter ganz den Trúbsinn aus deines Skjóni alten Gichtknochen herausgezogen hátte." Mein Vater richtet die Augen scharf auf seinen Bruder: „Soviel ich weiB, leidet Skjóni nicht mehr an der Gicht noch am Trúbsinn." „Na, das muB ich sagen!" lacht Siggas Papa: „Die alte Begga kann wohl nicht bloB kleine Jungen kurieren, die von Pferden geschlagen werden, sondern auch Pferde, die kleine Jungen schlagen! . . . Was fúr ein Wundermittel hast du ihm denn eingegeben, Bruder Greigur?" „Ein Lot Blei," antwortet mein Vater gleichgúltig. „Ich glaubte, du háttest den SchuB gehört ?“ Einen Augenblick stehen sie Auge in Auge. Dann schtittelt Siggas Papa den Kopf —, sonderlich úberrascht sieht er nicht aus. „Háttest du das Lot Blei nicht noch ein paar Jahre sparen können ?“ áuBert er milde. „Vielleicht," antwortet mein Vater abweisend. „tíbrigens frage icb niemanden da- nach, was ich mit meinen eigenen Tieren anfange." 43

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