Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1920, Page 5
veranlaBt völligen Mangel an einigeu der wichtigsten hebensmittel. Auch
auf den Fischfang kann man sich nicht verlassen, so reich das Meer ist.
Das Treibeis ist nie weit von der Nordkuste des Tandes und kaun die gánze
Meeresfláche im Norden unerwartet schnell bedecken, und die Fálle sind
nicht selten, daB es alle Kiisten des Fandes fast ganz abgeschlossen hat,
und zwar einen groBen Teil des Jahres. Dann ist diese groBe Vorratskammer
verschlossen, und auBerdem ist der Fischfang abhángig von den sehr wech-
Selnden Fischzugen uud dem Handel; denn alle Fischereigerátschaften muB
Hian von auswárts einfúhren, jeden Angelhaken und jede Angelschnur. Hier
gedeilien keine Textilpflanzen und hier gibt es kein brauchbares Eisen.
Man könnte glauben, die Dandwirtschaft sei zuverlássiger und produziere
uiehr Fleisch als die gesamte Bevölkerung des Dandes iu einemDurchschnitts-
Jahre verbraucht. GleichmáBiger ist sie, aber trotzdein schwankend. Die
i'euiperaturverháltnisse sind sehr schwankend, und fast alle Bauern ver-
lassen sich auf die Winterweide. Wenn diese versagt, ist es so gut wie un-
vermeidlich, daB die Schafe der Bauern aus Futtermangel eingehen. Diese
Gefahr droht stets und war frúber noch allgemeiner als jetzt. Dem Treibeis
folgt gewöhnlich so starke Kálte, daB der Graswuchs im Sommer versagt,
s° daB es schwer ist, ausreichendes Futter zu beschaffen. Die Bauern lasseu
Slch auch viel zu gerne dazu verleiten, rnehr Schafe aufzuziehen, als sie
■Putter haben, wenn es auch immer úblicher wird, dem Futtermangel mit
eiugefúhrtem, auslándischem Fut’ter abzuhelfen. Die Dandwirtschaft steht
ksi uns uoch nicht auf so hoher Stufe wie bei den Nachbarvölkern, aber
wu habeu aucli mit Schwierigkeiten zu kámpfen, die diese nicht kenneu.
Wáren aber auch alle diese Schwierigkeiten úberwunden, so hat Island
^och noch mit einer besonderen Geíahr zu rechnen, von der mau anderwárts
Uichts weiB. Plötzlicli und unerwartet gerát einer von den vielen Vulkanen
la Tátigkeit, es wird stockdunkel am hellichten Tag, die Duit fúllt sich mit
Sauz kleinen Tuffteilchen, die dann spáter niederfalleu und oft so zahlreich
Sllld, daB sie das Gras zudecken und zum Absterben bringen. Dann sind
^’e Tiere ohne Nahrung, uud nicht nur der Heuertrag ist dann in diesern
Jahre so gut wie nichts, sondern es ist auch vorgekommen, daB eine Menge
v°n Gehöften, ja auch gauze Distrikte völlig verödet sind. GroBe Teile
^es Dandes siud solchem Verlust ausgesetzt; in diesem Falle kann sich der
■^auer nicht helfen; er mu.B sein Vieli schlachten und kommt selbst iu Hunger
und Not . GroBe Ausbrúclie sind allerdiugs selten, aber einer oder zwei im
Jahrhundert genúgen, die ganze Vollcswirtschaft empfindlich zu schádigen.
Audere Völker muBten Kriege und all die Scháden durchmachen, die sie im
^efolge haben. Iu frúherer Zeit hatten wir unser redliches leil an Kámpfen,
aber ifi den letzten Jahrhunderten sind wir davon verschont geblieben. Aber
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