Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1922, Qupperneq 10
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eine seiner stiirmischsten Seereisen war wahrend seiner ganzen Seemanns-
zeit, oft káme man natiirlich ohne Unbehaglichkeiten nach Island.
Wir erhielten eine kleine Frist von der Seekrankheit, als wir die Fárö-
inseln anliefen, und wir waren in der Lage, Spazierfahrten in der pittoresken
kleinen Hauptstadt Thorshavn zu unternehmen. Nach einer neuen Fahrt
von einigen Tagen in dem uns immer noch ungnádigen Atlantischen Meer
schwenkten wir am 13. August um */$Uhr abends um dieHalbinsel Reykjanes
und náherten uns mit voller Fahrt Reykjavík. Einige junge Islánder sangeu
ihre Nationalhymne, wobei eine tiefe Stille herrschte. Daun kam das Quaran-
táneboot, danach die Zollbeamten, aber unser Gepáck wurde gar nicht
untersucht. Dann fuhr das Schiff langsam ansDand. Es war nun um 10 Uhr.
/ Hunderte von Menschen sammelten sich an, obwohl es schon so spát war.
Unter ihnen fanden wir einige gute alte Freunde, welche uns herzlicb be-
griiBten: den hervorragenden Politiker und Philologen Bjarni Jónsson
frá Vogi mit Frau, den Rechtsanwalt Sveinn Björnsson, jetzt islándischen
Gesandten in Kopenhagen und den gfcschicktesten Diplomaten Islands,
den Röntgenarzt Dr. Gunnlaugur Claessen, den Bankdirektor Eudvig
Kaaber und andere. Wir dachten uus nun in das vorher bestellte Hotel
zu begeben, aber wir wurden davon abgehalten. Eine möblierte Woh-
nung in der Freimaurerloge wurde uns zur Verfiigung gestellt, und ein
mánnlicher und ein weiblicher Diener besorgten alle unsere Wiinsche.
Nach einem spáten Souper bei Herrn und Frau Dr. Claessen — die liebens-
wiirdige Wirtin hatte es den Gásten sehr behaglich gemacht — gingen wir
von unserem Wirt gefolgt nach Hause, um uns sofort ins Bett zu begeben.
Jetzt waren wir ins Márchenland gekommen. Unsere Wiinsche wurden
kaum ausgesprochen, ehe sie verwirklicht wurden.
Die Islánder sind sehr gastfreundlich. Oft und viel wurden wir einge-
laden und machten interessante Bekanntschaften. Bei einem Mittagtisch
bei S. Exz. dem ersten Minister Jón Magnússon und seiner reprásentativen
Frau trafen wir u. a. unseren Reisegefáhrten von ,,Botnia“, den dánischen
Gesandten, welcher soeben der islándischen Regierung sein Kreditiv-
schreiben abgeliefert hatte. Bei S. Exz. dem Finanzminister Sigurður
Eggerz — der in diesen Tagen erster Minister geworden ist — hatte ich
das Vergniigen, einen alten Bekannten, den ich in Kopenhagen getroffen
hatte, wiederzusehen, námlich den jetzigen Prásidenten des höchsten Gerichts
Islands, Kristján Jónsson. Wir besuchten auch Herrn Sveinn Björnsson
und seine Frau, und fast jeden Tag unsere lieben Freunde, Herrn und Frau
Bjarni Jónsson frá Vogi1, wo wir bei einem groBen Mittagtisch die vor-
nehmsten Parlamentarier der islándischen Souveránitátspartei trafen, u. a. die
Herren Minister Sigurdur Eggerz, Bankdirektor Benedikt Sveinsson und
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