Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Page 12
Die Sehnsucht zieht wie ein Traum mit Macht
Mich fort wie Schwingen den Aar.
Verklungene Sage mir neu erstand.
Am Abend aus rauschenden Meeres Rand
Erheben sich fern in der feurigen Wand
Die Inseln Waak al Waak.
Des Abends Sehnen die Seele durchdringt,
Das traumhaft bezaubernde Rieder singt.
Im Feuer der sinkenden Sonne verklingt
Des Singschwans letzter Raut.
Doch weiB ich: mein EuB ist festgebannt.
Die Wunde im Herzen ist neu entbrannt.
Doch zaubernd locken am áuBersten Rand
Die Inseln Waak al Waak.
Und hielt ich den Elug auch Jahrhunderte aus
Wie ein tosender Fall oder Sturmgebraus,
So ragten doch fern ins Blaue hinaus
Die Berge iiber der See.
Duftwelle und Sandkorn ubers Meer
Trúg’ áber der Wind vidleicht nicht schwer
Und bráchte Unsterblichkeitshauch mir her
Von den Inseln Waak al Waak.
Im Sturm des Bebens mein Sinn sich sehnt
Dorthin zum Glúck, wo kein Meer sich mehr dehnt,
Der Welt und des Selbst ich Vergessenheit fánd,
Wenn der Himmel dunkelt am Abend,
Wenn Windhauch die tránenden Gráser bewegt,
Der Falke am Felsrand sich niederlegt,
Im Dunkel kein zwitschernder Vogel sich regt
Auf den Inseln Waak al Waak.
Des Abendrots Zauber versinkt in die Flut,
Noeh leuchtet auf Gipfeln die strahlende Glut.
Es durchdringt mich das Uied, das im Herzen ruht,
Von fern gebracht úbers Meer.
Mich zieht es, doch fest ist der FuB gebannt,
Die heiBe Seele die Fessel umspannt;
Doch zaubemd locken am áuBersten Rand
Die Inseln Waak al Waak. (Ubers. v. W. H.)
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