Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Qupperneq 20

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Qupperneq 20
7- EINE ÚBERQUERUNG DES VATNAJÖKULL. Inder neuenZeitschriftder Schwe- dischen Gesellschaft fiir Anthropologie und Geographie, Geografiska Annaler1, berich- ten zwei Schweden, Hakon Wadell und E. Ygberg, uber ihre Uberquerung des Vatna- jökull im Herbst 1919, die schon im VlI.Jahrg. unserer Mitteilungen, S. 83—84, er- wáhnt wurde. Der Zweck der Expedition war, den mittleren Teil des Vatnajökull zu erforschen und die Ursache des Jökullaups des Skeiðarajökulls vom Jahre 1903 fest- zustellen. Sie brachen am 27. August mit mehreren Pferden von Kálfafell auf, gingen úber Raudhólar und dann in nördlicher Richtung úber den Skaptárjökull, der 10—20 cm hoch mit Asche bedeckt war, die der Wind von der 80—100 km weit entfernten Katla auf das Eis geweht hatte. Der Weg fúhrte dann weiter nach der Hágöngur und am Nunatak des Pálsfjall vorúber, von da weiter in östlicher Richtung. Am 31. August wurde der höchste Punkt des Eises, Jökullbunga, mit 1700 m Meereshöhe erreicht. Am gleichen Tage fanden die Forscher das groBe Kraterbecken von Svíagígur und die Svlah- núkar. Der in 1600 m Meereshöhe liegende Krater ist 7,5 km lang, 5 km breit und 80—100 m tief. Er wird z. T. von einem Kratersee eingenomnien. Der Ausbruch dieses Kraters war die Ursache des Jökullaup des Skeiðerajökulls im Jahre 1903. Am 8. Sep- tember wurde der Rand des Eises östlich von Heinabergs Jökull erreicht. Vom 18. bis 20. September wurde nochmals mit 4 Pferden von Heinaberg aus ein VorstoB auf das Eis unternommen, der aber infolge eines Schneesturmes fehlschlug. Die Expedition verlor dabei 2 Pferde, den gröBten Teil ihrer Ausrústung und einen Teil ihrer wert- vollen Sammlungen. — Der Aufsatz von Wadell gibt einen Uberblick úber die Gletscher- forschung auf Island und úber unsere bisherigen Kenntnisse von Vatnajökull, tiber seine vulkanischen Erscheinungen, die Topographie und Geologie und das Eis. Besonders jnteressant sind die Studien úber die Asche auf dem Eise, durch die Schneeschmelzkegel bis zu 4,20 m Höhe entstehen. 12 Abbildungen und eine schöne farbige Karte 1 : 600 000 erláutern den Text. //. Rudolphi 8. EIN ISLÁNDISCHES ZAUBERBUCH AUS DEM 15. JAHRHUNDERT. Island hatte, wie andere Lánder Europas, im Mittelalter seine Hexenprozesse, die sich hier allerdings meist gegen Mánner und nicht gegen Frauen richteten. Damals wurden die meisten Zauberbúcher vernichtet, so daB uns nur drei solche Handschriften erhalten geblieben sind. Eine davon, die vom Ende des 15. Jahrh. stammt, befindet sich seit 1786 im Besitz der schwedischen Wissenschafts-, Geschichts- und Altertumsakademie und ist jetzt von Dozent Lindquist im islándischen Text herausgegeben worden2. Die islán- dische Zauberei wurde meist durch Zeichen verschiedener Art (stafir), oft unter Begleitung gewisser Formeln und Beschwörungen ausgetibt. Dabei spielten die Runen, besonders die aus ihnen entstandenen Zauberzeichen (galdrastafir), von denen in der Handschrift zahlreiche abgebildet sind, eine groBe Rolle. Das Material, auf das die Zauberrunen ein- geritzt oder geschnitten wurden, war Pappe, Pergament, Holz oder Metall; man schrieb sie aber auch auf gewisse Gegenstánde, wie Teller, ja sogar auf manche Lebensmittel, wie Brot und Iíase. In der Handschrift finden sich eine Menge von Schutz-Beschwö- rungsformeln gegen allerlei Gefahren, gegen den Teufel oder andere Menschen, um Diebe zu entdecken, das Vieh oder sich selbst gegen Krankheiten zu schútzen. Durch andere Zaubermittel wieder suchte man die Liebe eines Mádchens zu gewinnen oder das Vieh seines Nachbars zu behexen. Die Beschwörungsformeln sind ein heidnisch-christliches Gemisch mit kabbalistischen Formeln internationaler Verbreitung. Man ruft die Götter der nordischen Mythologie um Beistand an, entweder allein oder zusammen mit Satan undBeelzebub. Manchmal werdenGott, Christus, Odin, Thor, Freia und Satan in einem Atem angerufen. Endlich kommen auch Namen vor, die der nordischen Götterlehre un- bekannt, aber zweifellos altnordischen Ursprungs sind. (Nach einem Referat von K. G. Lindblom in ,,Ymer‘‘, 41. Jahrg., 1922, S. 334—336.) H. Rudolphi 1 Hakon Wadell, Vatnajökull. Some studies and observations from the greatest glacial area in Iceland. Geografiska Annaler, Bd. II, 1920, 300—323. 2 Nat. Lindquist, En islándsk svartkonstbok frán isoo-talet, utgiven med översáttning och kommentar. Upp- sala 1921, 76 Seiten.

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