Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Qupperneq 23
lich gemacht werden. Dazu ware die ausschlieBIiche Verwendung dánischer Biicher zu
einseitig und wurde bei dem doch unzureichenden sprachlichen Verstándnis zur Ober-
íláchlichkeit erziehen. Also sind Obcrsetzungen nötig. Diese miiBten vom Staate veran-
staltet werden; und nun wird ein Plan entworfen, wie das zu machen wáre. Da aber
<tieser zur Zeit nicht zur Ausfuhrung kommen kann, hat sich der Verf. beschránkt und
hofft seine Absichten jetzt durch das Þjóðvinafjelag in die Wirklichkeit umzusetzen.
Es handelt sich jetzt nur noch um Schriften belehrenden Inhalts (friiher solltén gute
rnoderne Dichtungen, wenn auch nicht lyrischer Art, gehaltvolle Komanc und dergleichen
auch dazu genommen werden), zunáchst etwa Politik, Nationalökonomie, Naturwissen-
schaften, Ethik, etwa 30 Bogen 8°im Jahr. Auf dieseWeise könnten die Geistesschátze
‘k® Auslandes nutzbar gemacht werden zur Erhaltung und Förderung der fiir Island
charakteristischen hohen Allgemeinbildung. Notwendig dazu aber ware, da/i das Althing
Hnanziell bedeutend beihillt. Das Þjóðvinafjelag ist besonders geeignet, diesen Plan
auszufiihren, weil ihm durch die weite Verbreitung seines Kalenders und seiner Zeit-
schrift die Möglichkeit gegeben ist, in weitesten Kreisen die Bucher anzuzeigen und be-
hannt zu machen. Die Preise sollen natiirlich so niedrig sein, daB jeder imstande ist,
SICh das fur seine Interessen Passende anzuschaffen.
Biese Gedanken des weitblickenden Gelehrten sind zweifellos durchaus zu billigen.
Hoffen wir, daB die Einsicht in diesem Falle siegen möge (die Stimmung scheint im
allgemeinen gunstig dafur zu sein) zum Nutzen der Gesamtheit desislándischenVölkchens.
W. H.
VI. „DAS GESCHLECHT VON BORG“ IM FILM
or drei Jahren wurden von danischen Filmschauspielern die Erzáhlung „Ormar
' Örlygsson" und „Die dánische Frau in Hof" von Gunnar Gunnarsson, dem islándi-
schen Schriftsteller, der inDánemark undNorwegen so auBerordentlich groBenAnklang
gefunden hat, verfilmt und dazu zahlreicheBilder auflsland aufgenommen. DieserFilm
IT1acht jetzt die Runde durch Deutschland. Man kann ganz absehen davon, daB einzelne
Hamen verándert sind, daB der alte Örlygur Peer heiBt, daB aus Ormar ein Einar ge-
'v°rden ist und statt Ketil der Name Knut eingesetzt ist, Ánderungen, die dem sach-
kundigen geschmacklos vorkommen; uberhaupt nimmt die ganze Veríilmung, die auch
grobe Entstellungen der Handlung nioht scheut, der Erzáhlung jegliche Kraft und
iiefert nur von neuem den an sich unnötigen Beweis, daB psychologisch sich entwickelnde
^orgánge durch Verfilmung nur vcrlieren; auch ist nur eine Person gut dargestellt,
^or alte Örlygur. So könnte man nicht raten, diese Vorfuhrungen zu besuchen, wenn
nicht die práchtigen Bilder aus Island fiir die Wertlosigkeit der vorgefuhrten Handlung
entschádigteD. Aber diese sind wirklich ausgezeichnet und stellen uns die Natur und
die Lebensverháltnisse auf der Insel in seltener Lebendigkeit vor Augen.
Ich hátte aber vielleicht nicht an dieser Stelle davon erzahlt, wenn nicht ein Aufsatz
des durch eigenartig kraftvolle Gedichte hervorragenden Dichters Einar Benediktsson im
soeben erschienenen Heft des Jahrbuchs Skírnir Gunnar Gunnarsson selbst heftigst an-
griffe und ihm jeden Geschmack, jede Phantasie und jede dichterische Begabung ab-
sPráche. Und dem möchte ich entgegentreten. Gerade als ich von der der Handlung
nach durchaus unbefriedigenden Filmvorfiihrung nach Hause kam, holte ich mir die
Hiicher hervor und empfand beim Nachlesen, wie ganz anders lebendig und lebensvoll
^'e Darstellung in der Erzáhlung selbst dem Leser vors Auge tritt und sein Gemiit
iösselt, wieviel feiner die Fáden gesponnen sind. Ich bin mir der Ubertreibungen wohl
bewuBt, die G. G. den Tatsachen islándischer Verháltnisse gegeniiber sich mitunter
anschulden kommen láfit, aber das ist nicht die Hauptsache, auch bin ich durchaus
nicht von allen seinen Biichern befriedigt (die letztcn sind mir leider durch die Kriegs-
Zeit und die Valutaverháltnisse alle unzugánglich geblieben, auBer der islándischen Uber-
SetzuDg von „Vargur í vjeum" und „Drengurinn"), aber daB er kein Dichter sei, kann
(han nicht behaupten. Die oben behandelte Erzáhlung ist ubrigens in vollem Umfang
1QS Englische iibersetzt, in unserer Bucherei Nr. 356. W. H
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