Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Blaðsíða 26

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1923, Blaðsíða 26
Wáhlen und Verwerfen, Vorbereiten, Vollenden, Meisterwerke und Abfálle fertigzustellen. Er war ganz ruhig; abends saB er im Zimmer, rauchte eine Pfeife und sprach von dem und jenem von der groBen Welt im Siiden. Einmal ging er in die Kirche. Er war der schönste Mann im Sprengel, hatte weiBe Hánde wie eine höhere Tochter und glatt gescheiteltes Haar. Der Pfarrer sprach lange mit ihm und lud ihn zu sich ein, dazu denn auch Astrid, die alte Gunnhild und die ganze Gemeinde, und doch hatte jeder den Eindruck, als sitze niemand im Zimmer auBer Heidbœs. Er saB da und wuBte alles und sprach von allem; niemand wuBte etwas auBer ihm. Es war wie eine groBe Kirche; Helgi war zu Hause geblieben. io. „ Ja, ja,“ sagte Heidbæs an einem Abend im Herbst, „nun denke ich wieder an die Fleischtöpfe Ágyptens." „Die Fleischtöpfe —? Du denkst doch nicht daran, nach Reykjavík zu reisen ?“ fragte Astrid. „Warum nicht,“ sagte er láchelnd. „Und du, meine Asta, meine liebe Hirschkuh, meine liebe Gemse ?“ „Ich ? — Was ?“ „Kommst du nicht mit ?“ „Ich ?“ „Oder willst dich vom Ketil verschlucken lassen?" Und er sah sie an, ihr Gesicht, den Hals, Brust, Hiiften, FiiBe, und dann wieder ihr Gesicht und láchelte. O, diese dunklen Augen, die alle Herrlichkeit der Welt bargen. „Gott erschafft keine so schöne Sonne wie dich um einen so engen Raum und eine einzige kleine Hutte oben im Gebirge zu erleuchten. Das wáre eine Súnde, Asta, nicht ? kleine, húbsche Asta, liebe Hirschkuh, liebe Gemse!“ Ach, wie wurde Astrid alles rot und blau und gelb und grun vor den Augen, und das Herz schlug ihr bis in den Hals hinauf, und die ganze Welt stimmte in die Melodie Heidbæs mit ein, wie wenn ein Rasender Violine spielt. Du lieber Gott, wie liebte sie ihn. „Ja, Asta, du muBt nach Reykjavík kommen und lerneu eine Dame zu werden, meine Dame, Asta! Wenn du nur die Bálle und die Kinos kenn- test, wúrdest du dich nicht lange besinnen!“ „Ich habe gehört, daB man sich in Reykjavik úber die Mádchen vom Uande lustig rnacht." „Ach, Ge- schwátz. Helga, die Bauemtochter, wurde Königin, — so ist es noch heute. Man macht sich nur lustig úber die dunklen Haustöchter vom Lande, die in der StraBenrande promenieren, aber was hast du zu fúrchten, Asta? Du wirst úberall in die Reihe derer gestellt werden, denen man den Hof macht.“ „Ich kenne niemand in Reykjavík, Heidbæs." „Aber mich, Asta, — du wirst mein Mádchen. Die kleine Asta mit dem weichen Herzen, den roten Uippen — wird mein Mádchen!“ Nun ging es ebenso wie im Sommer droben im Uavafeld. Ach Heidbæs, o Heidbæs, lieber, teurer Heidbæs. . . Du lieber Gott, was sie ihn liebte. An diesem Abend glaubte sie glúcklich zu sein. n. In ðen ersten Oktobertagen schneite es: alles wurde weiB, so wunder- 58

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