Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1927, Blaðsíða 18
J ónsson kráftige Unterstutzung. So wurde die Aufmerksamkeit des Auslandes auf das
islandische Streben gelenkt. In Island selbst wirkte er zielbewuBt mit Energie und in
treuer Hoffnung auf die Zukunft. SchlieBlich wurde sein und Islands Streben bekannt-
lich auch von Erfolg gekrönt, und das Land wurde als souveráner Staat anerkannt.
Dánemark und Island gaben der ubrigen Welt ein schönes Beispiel, wie man Streitfragen
zwischen Völkern lösen kann und muB, daB dieses auf dem Wege des Rechts, nicht auf
dem der Gewalt zu geschehen hat1.
Als ein dánisches Kriegsschiff am x. Dezember 1918 im Hafen von Reykjavík mit
21 Schiissen dieFlagge des unabhángigen Island salutierte, begann ein neuer Abschnitt
in der Geschichte des Landes.
Bjarni Jónsson bekam nun mehr Zeit sich Islands innerer Entwicklung zu widmen.
Mit derselben unbeugsamen Energie bemiihte er sich um die Hebung der wirtschaftlichen
Lage des Landes und die Entwicklung des Unterrichts, der Kunst und Wissenschaft.
Es war ein wirklicher GenuB, Bjarni Jónsson frá Vogi sprechen zu hören.
Er war ein Redner, wie es nur wenige gibt, satirisch, wenn es am Platze war, doch
immer vornehm gegenuber seinen Gegnern, niemals heftig, selbst nicht in der Hitze des
Streits. Und gerade aus diesem Grund wirkten seine Worte und Taten desto stárker. Er
verstand es das Interesse seiner Zuhörer vollstándig zu fesseln. Am schönsten war es, ihn
in seiner Muttersprache reden zu hören, dieser Sprache, die gerade fúr solche Kraft-
naturen, wie er war, so besonders geeignet ist. Aber er sprach auch ausgezeichnet deutsch
und dánisch. Auch in den klassischen Sprachen war er wissenschaftlich ausgebildet und
war zuletzt eine Reihe von Jahren Dozent des Griechischen an der Universitát Islands.
DaB ein solcher Mann wie Bjarni viele Neider hatte, ist dem, der die menschliche Na-
tur kennt, sehr erklárlich. Doch auch seine politischen Gegner begannen mehr und mehr
einzusehen, daB er mit gröBerem MaB zu messen sei als die meisten, und sie verstanden,
wie viel Island ihm zu danken schuldig ist.
Ebenso wie einstmals Snorri Sturlusson war auch Bjarni J ónsson ein hervorragender
Dichter und Schriftsteller. Er war auch tátig als tíbersetzer und er hat einige unserer
(bedeutet hier der schwedischen) berúhmtesten literarischen Arbeiten ins Islándische
úbersetzt. Bekannt sind auch seine Goethe-tíbersetzungen. Leider hat er die Arbeit der
tíbersetzung von Goethes Faust nicht vollenden können. Auch ein groBer Kunstfreund
war er, und die jungen islándischen Kunstler hatten in ihm einen Beschútzer. Im Althing
war er der eifrigste Vorkámpfer ftir Gewáhrung von Stipendien und Unterstútzungen an
Schriftsteller und Kúnstler.
War es eine Freude, den Redner Bjarni J ónsson sprechen zu hören, so war es eine noch
gröBere Freude, ihn in seinem Heim, umgeben von den Seinigen, zu sehen. Er war ein
guter Gatte und Familienvater und hatte in Reykjavík ein schönes Heim, reich mit Kunst-
werken geschmúckt und mit einer reichhaltigen Bibliothek versehen. Dort wurden schöne
Tráume getráumt von einer glúcklichen Zukunft fúr „eldgamla Isafold", Tráume, die
sicher auch einst ihre Verwirklichung finden werden.
Am 18. Juli 1926 ist Bjarni Jónsson gestorben, betrauert und vermiBt von seinem
ganzen Volk.
Stockholm Ragnar Lundborg
(Aus dem Schwedischen tibersetzt von S. Remertz)
VII. ISLÁNDISCHE JUBILARE
1. Herr Gymnasialdirektor Geir Tfimasson Zoega zu Reykjavik vollendete am 28. Márz
1927 sein 70. Lebensjahr. Er hat sich unter anderem durch seine sorgfáltig zusammen-
gestellten Wörterbúcher ein nicht hoch genug zu schátzendes, weit úber seine Heimat-
insel hinausgehendes Verdienst erworben. Namentlich muB sein handliches Icelandic-
English-Dictionary, 2. verb. Aufl., 1922, fúr jeden, der sich fúr neu-islándische Sprache
und Literatur interessiert, als geradezu unentbehrlich bezeichnct werden.
1 Vgl. den Artikel des tíbersetzers ,,Das Königreich Island" im VI. Jahrgang, Heft 3/4.
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