Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Qupperneq 10
selbst berichtete iiber die Reise von Dresden bis nach Rom erst am 21. Jánner
1827 nach dreimonatigem Aufenthalte in dieser Stadt in einem Briefe1,
daB die Reisegesellschaft in Wien sich einen Monat lang aufgehalten habe,
áuBerte sich jedoch iiber die Stadt nur ganz kurz mit den Worten: „Wii
sahen in der Kaiserstadt Vieles und Bedeutendes, aber leider eriaubt es mir
die Zeit jetzt nicht, daruber zu berichten. Freundschaft und Wohlwollen
wurde uns dort von Vielen bewiesen; ich gewann dort vier Freundinnen".
Ob also Christiane Grillparzer wirklich gesehen hat, ist nicht bekannt, aber
doch wohl wahrscheinlich. Auch „schwebte es" ihrem Sohne, Prof. Dr.
Harald Schútz, „so vor, als ob seine Mutter gelegentlich in anerkennendei
Weise von Grillparzer gesprochen habe.“
In Rom verkehrte Thorlacius mit seinen Damen viel bei Thorvaldsen-
Als Christiane das erste Mal das Atelier des Kunstlers betrat, begrúBte dieser
sie als die „schöne Islánderin", eine Bezeichnung, die ihr von da an blieb.
Der Meister hátte auch gern etwas von ihrer Schönheit nachgebildet, aber sie
schlug ihm die Bitte ab. Ober die Besuche bei Thorvaldsen schrieb sie selbst
in dem oben erwáhnten Briefe an ihre Eltern: „Ich bin im Hause des Etats-
rates Thorvaldsen gewesen und habe dort Verschiedenes von seinen Kunst-
werken gesehen, darunter die Statue des Erlösers. Es ist dem Meister meiner
Meinung nach so wunderbar gelungen, das Antlitz den inneren Menschen
des Erlösers zum Ausdruck bringen zu lassen, daB es alle meine Einbildung
weitaus úbertraf. Diese Statue soll auf dem Altar in der neuerbauten Kirclre
in Kopenhagen stehen. Ein anderes Kunstwerk ist der Taufstein, den Th.
Island zu schenken gedenlrt; er wird ihn im Sommer derDomkirche in Reykja-
vík senden. Mit anderen Dánen, die hier sind, waren aucli wir in der Weih-
nachtsnacht bei Th.; es war sehr lustig; die Gáste unterhielten sich mit
schönen Gesángen und reizender Musik. Oft flog an diesem Abend mein
Geist heim zu Euch, liebe Eltern und Geschwister." Hier lernte sie den
norwegischen Dichter J. C. Hauch kennen, der dann in seinen „Minder fra
min förste Udenlandsreise" (Kopenhagen 1871, S. 290), von ilir schrieb, sie
sei „eine ungewöhnlich schöne Islánderin" gewesen. Ein dánischer Schrift-
steller aus dem damaligen Kreise Thorvaldsens, N. C. L. Abrahams, be-
schreibt in „Meddelelser af mit Liv (Kopenhagen 1876, S. 320)“ ein Gastmahl
bei dem Kunstler in Rom, an dem auBer ihm und anderen Gásten (unter
denen sich Prinz Napoleon, der spátere Kaiser, befand) auch Tliorlacius mit
Frau und Pflegetochter teilnahm, und gedenkt dabei im Besonderen der
„jungen, schönen, islándischen Dame, Fráulein Briem", die „durchihr eclit
nordisches Aussehen, ihr reiches blondes Haar und ihre klaren blauen Augen
die Aufmerksamkeit der Italiener erweckte"; auch berichtet er: „Einmal
1 Islándisch mitgeteilt in Sunnan-Pósturinn. 1838, S. 133—139.
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