Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Blaðsíða 16
gedruckt in Andvari 1908 (Þegnskylduvinna, auch als Sonderausgabe, R-
1909) und zuletzt Skírnif 1916 (2. Heft).
An der Hand dieser Vortráge sollen die Anschauungen H. J.s im fol-
genden dargelegt werden unter Beriicksichtigung der in Zeitungen gege-
benen Anregungen und Einwánde1.
2. Der Zweck der Pflichtarbeit
Der Zweck der von allen gesunden jungen Leuten ausnahmslos (die Stell-
vertretung ist lángst gestrichen) zu leistenden Arbeit ist ein doppelter,
und zwar a) fiir die Arbeitenden, b) fiir das Vaterland.
a) Bei der „Riickstándigkeit Islands auf landwirtschaftlichem Gebiet und
der durch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, insbesondere infolge der
Freiziigigkeit eingetretenen Zuchtlosigkeit der Jugend“ hált H. J. es fiir
wiinschenswert, daB mit dieser Pflichtarbeit eine Schule fiir das Volk ge-
schaffen werde, in der die jungen Leute lernen sollen, was ihnen fehlt: Ge-
horsam, Ordnungsliebe, Piinkilichkeit, Reinlichkeit, kameradschaftliches
Wesen einerseits und iiberlegtes Arbeiten mit brauchbaren Werkzeugen und
richtigem Vorgehen in allen Bewegungen bei der Arbeit andererseits. Auf
den ersten Punkt hatte es H. J. abgesehen, wenn im Antrag von 1903
unter 4. von dánischem Muster im Heeresdienst die Rede ist2. Es handelt
sich also um Volksbildung nach der moralischen wie nach der praktischen
Seite.
b) Mit diesem idealen Zweck der Volksbildung soll aber gleichzeitig ein
unmittelbarer Nutzen fiir das Vaterland Verbunden sein. Denn diese
Ubungs- und Pflichtarbeit soll auf solche Arbeiten verwendet werden, die
besonders vordringlich sind und dem Fortschritt dienen: Bau von Wegen
und Landungsplátzen, Urbarmachung von Land, Anbau von Náhrpflanzen
(vielleicht bald Eisenbahnbau) u. dgl.
Von diesen beiden Zielen aber ist das erstere das wichtigere. H. J. sagt
selbst: „Es ist meine innerste Uberzeugung, daB die „Pflichtarbeit" nur
dann zum Segen wird, wenn es ihr erstes und höchstes Ziel ist, den Teil-
1 Die stándige Zusendung von Lögrjetta und Vestri soi hier nochmals besonders dankend
hervorgehoben. 2 1916 schreibt H. J., „er habe damals nicht die Deutschen als Muster
nennen wollen, weil dies einer Gotteslasterung gleich erschienen wáre, so úbelberuchtigt wie
dieDeutschen damals wegen ihrerHarte bei der Ausbildung waren, wáhrend sie jetzt alle
Welt wegen ihrerkriegerischenTúchtigkeit bewundert." Wieder ein Beweis, wie sehr ver-
sáumt worden ist ,der von bekannter Seite getriebenen systematischenVerleumdung der
Deutschen im Auslandentgegenzutreten. Allerdingsdaríman wohlsagen, daB der Islánder
sich nicht von beeinfluBten Zeitungen abhángig zu machen pflegt, sondern sich ‘eM
eigenes Urteil zu bilden sucht; ein solches hatte er aber ohne den Weltkrieg úber uns
nie bekommen; hoffentlich kommt es úberall bald.
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