Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Qupperneq 24
milderes Klima geherrscht haben soll als heutzutage; die Klimaverschlech-
terung habe erst im 14. Jahrhundert eingesetzt.
In Geograíisk Tidskrift, 22. Band, Heft 6, Kopenhagen 1914, ging Prof.
Th. Thoroddsen in einem Aufsatz „Islands Klima i Oldtiden" náher auf die
Annahme Pettersons ein und zeigte, dai3 die von diesem Gelehrten vorge-
brachten, vorwiegend negativen Beweise aus den altislándischen Quellen
nicht zu den von ihm gezogenen SchluCfolgerungen berechtigten, daB irn
Gegenteil geniigende positive Angaben aus der alten Literatur vorliegen,
wonach das Klima Islands in altislándischer Zeit sich von dem heutigen
nicht wesentlich unterschied.
Thoroddsens Ansicht trat dann in Geografisk Tidskrift, 23. Band Heft 1
(Kopenhagen 1915), der Historiker Edv. Bull (Kristiania) in einem geist-
reichen Aufsatze entgegen, worin er namentlich die Beweiskraft der alt-
islándischen Literaturquellen fiir die Beurteilung der von Tlioroddsen be-
sonders betonten Áhnlichkeit zwischen den álteren und neueren Klimaver-
háltnissen Islands als schwach und nicht geniigend zuverlássig bezeichnet.
Unter Hinweisen auf den Körnerbau, den ausgedehnteren Waldbestand,
die anders geartete Tierhaltung (Schweinezucht) u. a. m. in Alt-Island glaubt
Bull, sich der Meinung Pettersons beziiglich einer im 14. Jahrhundert be-
gonnenen wesentlichen Klimaánderung anschlieBen zu mussen; er stellt
schlieBlich die Frage genauer dahin, es handle sich nicht darum, ob vor dem
14. Jahrhundert das Klima auf Island immer besser gewesen sei als heut-
zutage (ohne vereinzelt dazwischen getretene strenge Winter und dergl.),
sondern ob sich zu einer bestimmten Zeit, etwa im 14. Jahrhundert, ein offen-
barer allgemeiner Wechsel im Sinne einer Verschlechterung des Klimas
auf Island vollzogen habe, und bejaht cliese Frage.
Geografisk Tidskrift brachte unmittelbar im AnschluB an Bulls Aufsatz
eine kurze Erwiderung Thoroddsens, die sich vorláuíig darauf beschránkte,
nachzuweisen, wie die von Bull vorgebrachten geschichtlichen Tatsachen
sich aus ganz anderen Griinden, als einer katastrophalen Klimaánderung
erklaren, und daB die Angriffe auf die Zuverlássigkeit der altislándischen
Literaturquellen deren Beweiskraft fur das vorliegende Tliema nicht zu
erschiittern vermögen.
Die in den erwáhnten verschiedenen Abhandlungen Thoroddsens gemach-
ten Angaben finden nunmehr cine áuBerst wertvolle Vervollstándigung
einem zusammenfassenden gröBeren Werke dieses Gelehrten: 'Arferði d
Islandi í \msund ár (Islands Klima im letzten Jahrtausend), dessen 1. Heft
(von 3 Heften) vom íslenzka fræðifjelag (Kopenhagen 1916) kiirzlich heraus-
gegeben wurde. In der Einleitung weist Thoroddsen auf die hohe Bedeutung
hin, die das Klima seit der Zeit der Besiedlung bis auf den heutigen Tag fur
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