Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1927, Qupperneq 22
Er sank um und streckte sich aus . . . atemlos, erschöpft. Das Pferd
stellte sich neben ihn und gab ihm Schutz, und der Hund hielt Wache. Von
ihnen streckte noch keines vor dem Wetter die Waffen.
Der Mann lag da und phantasierte, schlug auch zwischendurch die Augen
auf und erblickte seine beiden Freunde . . . und er spann den Gedanken aus,
der ihm eben gekommen:
Ein altes islándisches Wort sagt, daB zwischen Mann, Hund und Pferd
ein Geheimnis walte, eine heimliche Verbindung. Hund und Pferd kámpfen
beide um den ersten Platz und sind daher eifersiichtig aufeinander. Ja, ja!
Das hatte er freilich oftmals bemerkt!
„Flyga,“ kam es miide von seinen Eippen . . . und es war wie eine Bitte
um Vergebung in der Stimme; aber gleich darauf ertönte es: „Schnell,
kleiner Schnell!" — Dann atmete er schwer und schwieg.
Nun lag er hier, vom Schnee fast erschlagen, zwischen seinen beiden ge-
treuen Tieren, inmitten des siedenden, wirbelnden Gestöbers, wartend, daB
er wieder zu Kráften káme, hier und da die Augen öffnend und bald den
einen, bald den anderen Begleiter betrachtend.
Die beiden Rivalen aber umstanden ihn frostgeschiittelt, ebenso miide und
verkommen, beide voller MiBmut. Aber nicht einmal in solchen Augenblicken
konnten sie Freunde werden, der Hxmd bewahrte seine hoffártige Miene, die
besagte, daB er sich gleichsam fur zu vornehm hielt fur die Gesellschaft des
Pferdes, er hielt sich Flyga immer drei Schritt vom Eeibe.
Sie war es, die zuerst unruhig wurde, das Fúllen, der Heimathof, die
Wárme des Stalles lockten. In solchem Wetter fúhlte sie die seltsame Magnet-
kraft des Hofes immer doppelt auf sich wirken. Und schnobemd strich sie
das Maul úber den eingeschlafenen Mann hin.
Da war Schnell sofort zur Stelle und machte den Versuch zu einer Ver-
teidigung.
Zur rechten Zeit wurde Torleif geweckt, sonst wáre er zur ewigen Ruhe
eingegangen, záhneklappernd fuhr er aus dem Káltehalbschlaf auf, aber
trotzdem gestárkt und erfrischt. Er schlug die Arme gegeneinander und lief
umher, um das Blut in Bewegung zu bringen, und nun er den ersten Anfall
uberstanden, erwachte die Ausdauer und Záhigkeit einer alten Geschlechter-
kraft in ihm. Zu verweilen, bedeutete den sicheren Tod — und er löste die
Zugel an Flygas Hals und vertraute sich Gott und seinen beiden Freunden an.
Es ging weiter in das Gebrúll und Getöse hinaus, nicht Schritt fúr Schritt,
nein, mittels eines langsamen, tapfer durchgefuhrten FuB- und Hufwechsels,
Torleif an der Eeeseite des Pferdes. Mit unverminderter Wildheit und Heftig-
keit wurde der Schnee ihnen entgegengeschleudert, er trieb vom Himmel
nieder und fegte aufs neue von der Erde in die Eufte auf, die Schluchten
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