Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1991, Blaðsíða 196
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Anschaulichkeit einer Personifizierung - Frau Fortuna auf dem Rad -
annehmen (Str. 6, 59). Da der Begriff lukha sowohl im Mansongur als
auch im Hauptteil und in der SchluBbetrachtung vorkommt, bildet er
gewissermaBen ein Leitthema, durch das die einzelnen Abschnitte
miteinander verbunden werden. Diese starke Betonung des Gliicks,
oder besser gesagt, seiner Unbeståndigkeit, geht auf die Volksbuchvor-
lage zuriickund wird im iibrigen schon durch den Unterutel »og hiyder
vppa luchunnar ostadleik«, der wie ein Motto der Rima vorangestellt
ist, angedeutet.
Wie bereits erwåhnt, endet das deutsche Volksbuch mit einer mora-
lisierenden Betrachtung tiber das Gliick und Ungltick Fortunatus’
(Weisheit versus Reichtum), wohingegen ein soleher SchluB im dåni-
schen Folkebog fehit; die Rima hat jedoch auch eine moralische
SchluBbetrachtung. Da sich die theologische Argumentation der
SchluBbetrachtung der Rima sehr deutlich von der Argumentation
des Volksbuchschlusses unterscheidet, kann man mit ziemlicher
Sicherheit ausschlieBen, daB ein direkter Zusammenhang zwischen
den beiden SchluBbetrachtungen besteht. Das heiBt, man darf aus der
Tatsache, daB die Rima ebenfalls eine moralische Betrachtung an die
eigendiche Geschichte anhångt, nicht schlieBen, der Verfasser håbe
das deutsche Volksbuch - und nicht das danische Folkebog - als
Vorlage verwendet.
In der Rima finden sich an drei Stellen Bemerkungen iiber die
Vorlage (Str. 16, 58, 61), doch in allen drei Fallen handelt es sich um
konventionelle Floskeln von sehr zweifelhaftem Aussagewert. -
Moglicherweise konnte das Wort forstand (Str. 41) ein Flinweis darauf
sein, daB das danische Folkebog Vorlage war; das danische Folkebog
hat hier nåmlich ebenfalls den Ausdruck Forstand, wåhrend das
deutsche Volksbuch vernunft hat.32 Die Lesart der Rima muB jedoch
nicht unbedingt aus einer dånischen Vorlage ubernommen sein, denn
der Ausdruck forstand war auch im Islåndischen gebråuchlich und
konnte ebensogut als Ubersetzung des deutschen Wortes Vernunft in
den islåndischen Text gelangt sein. - Der Text der Rima gibt, soweit ich
sehen kann, nirgends eindeutig zu erkennen, ob die Vorlage des
Dichters eine deutsche, eine danische oder eine islåndische Quelle
war.
32 Danske FolkebøgerX, S. 175; Podleiszek, Anfange, S. 127.