Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Síða 12
wirkten, claíó die Hochzeit erst am 24. Mai 1831 státtfinden konnte. Als
Christiane ihren Karl heiratete, war dieser bereits eine beriihmte Persönlich-
keit, denn er wurde gerade in diesem Jahre wegen seiner liervorragenden
Kenntnisse in Sanskrit von der Universitát Jena zum Ehrendoktor der
Philosophie ernannt ■— mit 26 Jahren. Das junge Ehepaar lebte zuerst in
Bremen, dann in Bielefeld in Westfalen, wo Schutz als Gymnasiallehrer
dauernd seBhaft blieb. Hier nun, in der kleineren Handels- und In-
dustriestadt, bildeten die Beiden bald den Mittelpunkt des Interesses fur
die gebildeten Kreise: er wegen seiner groBen Gelehrsamkeit und Beherr-
schung auch der modernen Sprachen, die er u. a. durch Herausgabe eng-
lischer, französischer und spanischer Schriftsteller bekundete, sie, die bald
auch hier allgemein „die schöne Islánderin" genannt wurde und die einzigc
Islánderin in Deutschland war, nicht nur durch ihre Schönheit allein, son-
dern nicht minder durch ihre feine Bildung; denn sie sprach und schrieb selu'
gut Deutsch, hatte einen ausgeprágten Sinn fúr Poesie, machte selbst Verse,
auch in deutscher Sprache, und liebte nach islándisch-heimischer Art das
Schachspiel; dabei war sie trotz ihres aparten Wesens doch eine vortreffliche
Mutter und Hausfrau. Benedikte Arnesen-Kall, die das Ehepaar in Bielefeld
wiederholt besucht hatte, schrieb: „Dr. Karl Schutz war und blieb eine ziemlich
lange Reihe von Jahren hindurch die populárste und beliebteste Persönlich-
keit der Stadt. Die Schönheit und das fremdartige Gepráge, das úber seiner
aus Island gekommenen und doch so weit im Súden gereisten Frau ruhte,
sein groBes musikalisches Talent, seine allseitige Bildung und seine weitaus-
gedehnten literarischen Verbindungen, vor allem jedoch die mehr oder we-
niger bekannten und wohl ziemlich stark travestierten Geschichten von
einem groBen Kampfe der Liebe und der Ausdauer, den er zu bestehen ge-
habt habe, um diese Frau zu gewinnen: alles zusammen hatte dieses Ehe-
paar in einen gewissen poetischen Nimbus geliúllt, der es auBerhalb der ge-
sellschaftlichen Rúcksichten setzte. Man war nur immer froh, wenn man es
irgendwo mithaben konnte, was fúr Johanna nicht immer ganz leicht war,
teils weil sie ihre Mutterpflichten bis aufs áuBerste erftillte, teils wohl auch
weil sie eine zu idealistisch angelegte und zu ungewöhnliche Natur war, um
irgendwie in dem Gesellschaftsleben aufgehen zu können, das ihre Gegen-
wart wohl schmúckte, in dem sie aber trotz aller ihr bezeigten Aufmerk-
samkeit und Huldigung, doch eine fremde Figur war und blieb, ein Noli me
tangere, dessen Interessen niclit auf diesem Gebiete lagen. Ob sie von der
Kritik der deutschen Hausmútter ganz verschont blieb, wiil ich ungesagt
sein lassen; aber gewiB ist, daB sie, obgleich sehr beliebt und respektiert,
doch niemals in dem Grade populár wurde, wie ihr Gemahl.“ Das Paar
lebte in der harmonischesten, glúcklichsten Ehe, und Dr. Schútz „blieb sein
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