Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Blaðsíða 15
Das Althing beschlieBt, die Landesregierung zu veranlassen, dem nach-
sten Alting einen Gesetzesantrag iiber die „allgemeine Pflichtarbeit auf Is-
land“ vorzulegen, nach folgenden Grundsátzen:
1. Alle arbeitsfáhigen jungen Mánner, die sich auf Island befinden und
das Heimatrecht dort besitzen, sollen wáhrend der Zeit ihres Alters von
18 bis 22 Jahren allgemeine Pflichtarbeit leisten in dem Sommer, in dem
sie wollen; dazu haben sie sich zum i. Februar des betr. Jahres anzumelden.
Wer dieser Pflicht bis zum 22. Lebensjahre nicht nachgekommen ist, hat
bis zum Ablauf des 25. Lebensjahres die Pflicht, einer Einberufung zur
Pflichtarbeit zu folgen; er kann jedoch, wenn dringende Griinde ihn hin-
dern, einen Ersatzmann stellen.
2. Die Pflichtarbeit besteht darin, daB jeder junge Mann insgesamt sieben
Wochen, nach seinem Wunsch in einem Sommer oder auf zwei Sommer
Verteilt, zu arbeiten hat; diese Arbeit ist unbezahlt; fiir jeden Arbeitstag
werden 0,75 Kr. fiir den Lebensunterhalt gegeben.
3. Die „Pflichtarbeit“ wird mit Acker-, Wald- und Wegbau in dem Amte
geleistet, in dem jeder seinen Aufenthalt hat zu der Zeit, wo er in die Liste
des Jahres eingetragen wird.
4. Die Mánner, die die Arbeit beaufsichtigen, miissen sie ordentlich ver-
stehen und nach bestimmten Grundsátzen leiten, áhnlich wie bei den mili-
tárischen Obungen in Dánemark.
Das ist der erste Entwurf einer Sache, die von da an mit wechselnder
Stárke die Gemíiter bewegt hat. Damals wurde dieser Vorschlag nur im
Unterhaus und am letzten Sitzungstag besprochen, von den 24 Abgeord-
neten gaben 14 ihre Stimme ab, 13 dafiir, 1 dagegen. Vor das Althing kam
die Anregung erst wieder 1915 und diesmal wurde beschlossen, es solle
zugleich mit den ndchsten Wahlen (Herbst igió) eine allgemeine Abstim-
mung verbunden werden, ob die ,,Pflichtarbeit“ in irgendeiner Form gesetz-
lich eingefiihrt werden soll oder nicht.
Damit ist die Sache und der Streit darum wieder zu neuem Leben er-
wacht. Das Thema wurde in Vortrágen und Zeitungen nacli allen Richtungen
erörtert, keineswegs immer mit ganz klarer Einsicht in die Absichten und
háufig leider auch nicht mit der wiinschenswerten Sachlichkeit.
Oberaus eifrig hat sich wieder del Vater des Antrags betátigt, der natúr-
lich in Einzelheiten seine Vorschláge geándert hat (wie wir aus dem fol-
genden entnehmen können), in den Grundlagen aber dem ersten Vorschlag
treu geblieben ist; in zahlreichen Vortrágen in den Vereinen der jungen
Manner, in der Vereinigung der islándischen Studenten in Kopenhagen, im
Studentenverein in Reykjavík. Seine beiden wichtigsten Vortráge sind ab-
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