Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1916, Page 27
nicht klar zu sein, daB Island ein Teil von Dánemark ist, was man ubrigens
schon aus der Art und Weise erraten konnte, in der sie sich die nach Island
bestimmte dánische Post des Dampfers Botnia zu behandeln erlaubten.
2. Seit einigen Monaten hat Dr. Alexander Jóhannesson die Gescháfte des deutschen
Konsuls fiir Deutschland vertretungsweise ubernommen. Wir freuen uns, die Ver-
tretung Deutschlands in so guten Hánden zu wissen.
3. Dr. Alexander J óhannesson ist mit einer Úbersetzung von Schillers Jungfrau von
Orleans ins Islándische bescháftigt, die demnáchst fertig sein wird.
4. In Kopenhagen hat sich eine Gesellschaft gebildet, die den KohlehbrucKauf Island
in grofiem Stil betreiben will. Man hofft auf gunstige Ergebnisse, die die sudlich des
Patreksfjörður gefundenen Steinkohlenminen bringen sollen.
5. An der Westkúste Islands herrschen die Masern, die durch den Dampfer „Flora”
in der Zeit vom 13.—15. April in den Háfen Reykjavlk, Patreksfjörður, Hólmsvík
verbreitet wurden. Das Schiff war aus Norwegen gekommen und lange in England
zurúckgehalten worden.
6. Am 6. Mai trat ein Streik der Hochseefischer ein, die aus den gúnstigen Markt-
gelegenlieitcn Vorteile fur sich zu erzielen streben. Eine Einnahme von 400—-500 Kr.
monatlich ist fúr einen Fischer bereits durchaus úblich.
7. Der Dichter Jónas Guðlaugsson ist am 18. April 1916 in Skagen (Jútland) gestorben.
Von ihm stammen mehrere Gedichtsammlungen in islándischer (Vorblóm, Dagsbrún),
spáter in dánischer Sprache (Sange íra Nordhavet, Sange fra de blaa Bjærge, Viddernes
Poesi), auch einige Erzáhlungen (Solveig og hendes bejlere, Monika, Bredefjordsfolk)
in dánischer Sprache. Sein Talent war noch nicht zur voller Entfaltung gekommen.
Am 9. Márz starb in Bjarnastaðahlíð im Vesturdal der unter dem Namen Sitnon
Dalaskdld bekannte Bauer Sfmon Björnsson (geb. 1844). Er war ein Meister in soge-
nannten Lausavísur.
8. In Dánemark wurde ein dansk-islenzk Samfund gegrundet, eine danisch-islándische
Gesellschaft, die áhnliche Absichten verfolgt wie unsere Vereingung; die Ziele sind
etwas weiter gesteckt als die unsrigen. Man rechnet oííenbar auf mehr Mitglieder und
mehr Geld als wir es besitzen.
9. Immer mehr nimmt auf Island die Neigung zu, Familicnnamen wie die anderen
europáischen Völker auf gesetzlichem Wege anzunehmen. Im Auftrage der Regierung
haben Einar Hjörleifsson, dr. Guðmundur Finnbogason und Oberlehrer Pálmi Pálsson
eine Denkschrift verfaBt, die die Bevölkerung uber die Grundlagen dieser Bestrebungen
aufldáren soll und Anleitung zur Wahl passender Namen gibt. Empfohlen wird, Namen
nach den Eltern zu wáhlen, nach dem Wohnort, nach beliebigen Wörtern der Sprache,
nach berúhmten Mánnern der Vorzeit. Die Namen nach dem Vater auf son werden
abgelehnt, weil man diese als Familiennamen nicht erkennen kann. Einar Hjörleifsson
selbst hat auf gesetzlichem Wege den Namen Kvaran angenommen; der Schriftleiter der
Zeitung Lögrjetta liat den Namen Gíslason als Familiennamen sich gesetzlich bestátigen
lassen; Prof. Haraldur Níelsson hat fúr seine Kinder den Namen Haralz bestimmt. —
Es gibt aber auch Gegner dieser Bestrebungen. Bjarni Jónsson frá Vogi hat im Stúdenta-
félag einen Vortrag gehalten und drucken lassen mit dem Titel: „Kulturbestrebungen
und Barbarei", indern er sehr temperamentvoll gegen diese Absichten Stellung nimmt.
10. England hat Dánemark versprochen, die Dánische Post nach Island lcúnftighin
unangetastet zu lassen.
11. Der Bildliauer Einar Júnsson hat einen Entwurf zu einem Standbild vonÞor-
finnur Karlsefni vollendet; ein Verein in Amerika will dem Eirtdecker Vinlands des
Guten ein Denkmal setzen.
12. An der Universitát Reykjavík hat sich ein Verein der Studierenden gebildet
>,stúdentafjelag háskólans" im Gegensatz zum „stúdentafélag", dem alle Mánner ange-
hören können, die die höhere Schule in Reykjavfk durchgemaclit haben.
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