Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Blaðsíða 11
Abstieg von der Gláma, Vertrödeln der kostbaren Zeit durch AusreiBen der
Gáule, so daB wir zwar liebenswurdig aufgenommen, aber tatenlos drei
Tage in Bíldudalur auf das Wiedereinbringen der verirrten Fliichtlinge
warten muBten, Krankheit des Fiihrers, Regen, Sturm und Nebel, vor allem
die niederschmetternden englischen Nachrichten iiber den Beginn und Ver.
lauf des Weltkrieges und infolge davon eine Láhmung unserer körperlichen
und seelischen Kráfte und die rasende Ungeduld, uns so schnell wie möglich
dem schwer gepriiften Vaterlande zur Verfiigung zu stellen, zwangen uns
die Reise nach Möglichkeit abzukurzen. So konnte ich auf die Gláma nur
einen einzigen Tag verwenden und nur den Glámuvegur einschlagen. Der
nachstehende Bericht gibt also nur die Erlebnisse und Ergebnisse eines ein-
zigen Tages wieder, aufgezeichnet noch dazu von einem Nichtfachmanne.
Uberaus wertvoll, so hatte ich gehofft, wúrde mir auf der Gláma mein
Fúhrer ögmundur sein, der selbst vor 30 Jahren dort gewesen war, Ende
Juni. Er behauptete, úberall zusammenhángenden Schnee angetroffen und
den höchsten Punkt úberschritten zu haben; Schreitgletscher habe er nir-
gends gesehen, aber, worauf ich bei meinen Fragen besonderen Wert legte,
ein Gletschertor; er betonte, daB die von derGláma kommende Vatnsfjarð-
ará ,,gruggug“ (schlammig, trtibe, gletscherfarbig) wáre. Das letzte
war sicher ein Irrtum, ögmundur verwechselte sie mit der Vatnsdalsá oder
Vattardalsá, und auch diese sind ganz gewiB keine Gletscherflússe. Uber-
haupt war sein ganzer Bericht verwirrt und widerspruchsvoll. Bei der
Fúlle der Eindrúcke, die úber ihn seit mehr als 30 Jahren auf fast alljálir-
lichen Fahrten durch Island eingesttirmt sind, muB ein Verwischen eintreten,
wenn nicht taglich tiber das Gesehene genau Tagebuch gefúhrt wird. Seinen
Angaben widersprach auch ganz entschieden Herr H. Jörgensen, „Guide i
Generalstaben", den ich am 1. August 1914 am Nordkap kennen lernte.
Er war selbst auf der Gláma geWesen und hatte dort gemessen und ge-
zeichnet; seine Mitteilungen werden durch das Sommer 1915 erschienene
Blatt des dánischen Generalstabs bestátigt: es sei ausgeschlossen, daB die
Gláma ein Gletscher wáre, sicherlich nicht im Westen und Súden, er habe
nördlich der Há-Gláma zwei je 1 km groBe zusammenhángende Verglet-
scherungsparticn und ebenso nördlich und östlich des Sjónfríð, sowie west-
lich dieser Höhe ein sehr kleines Eisfeld gezeichnet. ögmundur bcgann an
der VerláBlichkeit seines Gedáchtnisses zu zweifeln und bat, daB wir von
Laugaból einen Lokajfuhrer mitnáhmen.
Der sagenbertihmte Hof Laugaból („Badfarm") hat die gröBte Haus-
wiese des ganzen Westlandes, sie liefert 430 „Pferde" besten Heus; der
Bauer Þórður Jónsson (f 18. Okt. 1914) hat 16 Pferde, 14 Ktihe, 300 Schafe
und erntet 20 bis 30 Tonnen vorzúglicher Kartoffeln. In der Hauswiese
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