Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Blaðsíða 6
beiden anderen wurden Drangadalur und Einidalur benannt. Auöerdem
machte Nielsen kartographische Aufnahmen iiber den Verlauf des Eisrandes
und die groöen Schmelzwasserablagerungen an der SO-Ecke des Hofsjökull.
SchlieÖlich sind noch die. biologischen Untersuchungen der Vegetations-
bezirke in der Náhe des Eisrandes zu erwáhnen, und besonders die Studien
iiber die merkwiirdigen Tundraformationen mit Hiigelbildungen, die die Is-
lánder „flár“ (Singular flá) nennen, und zu denen sich in Nordschweden und
auf der Kola-Halbinsel Analogien finden. Ein umfassender Bericht iiber
die Expedition ist von Dr. Nielsen und Pálmi Hannesson in Bearbeitung.
m. WANDERUNGEN AUF ISLAND 1926 UND 1924
Jahrgang XII, Heít 1,2 der M. d. J. brachte einen kurzen Hinweis auf Wanderungen
dreier deutscher Studenten auf Island im Sommer 1923. Vielleicht interessiert es,
etwas naheres daröber zu hören.
Georg Weber, stud. phil., der von 1921—1923 in Reykjavík war, vermittelte mir
im Herbst 1922 einen Unterschlupf in Akureyri. Ich gab dort deutschen Unterricht
und ging daneben meinen alt- und neuislandischen Studien nach.
Marz/April 1923 machte ich die ersten Wanderungen in der Umgegend von Akureyri.
Es war ein ungewöhnlich friiher Frilhling. Ich kam nordwarts nach Hrísey und ost-
warts zum Goðafoss; im Mai und Juni schlossen sich weitere Falirten nach Saurbær
im Eyjafjördnr, Dalvík im Svarfaðardal und Húsavík an.
Auf diesen Wanderungen erkannte ich klar die Möglichkeit, auf Island auch gröBere
Reisen zu FuB zu machen. Ich lernte die leichten islandischen Schuhe aus Seehunds-
oder Schaffell gebrauchen und schatzen, ich lernte waten, reiten, „schwimmreiten"
(sundríða), und paBte die Wandertechnik des deutschen Wandervogels den islandischen
Verhaltnissen an. Soweit ich die deutschen Schilderungen von Reisen auf Island ge-
lesen habe, konnte ich nur den Eindruck bekommen, daB an Reisen ohne Pferde und
Fiihrer wenigstens in gröBerem MaBe auf Island nicht zu denken ist. Aber dies ist
eine völlig irrige Annahme, ein Vorurteil, dem es Zeit ist, mit allen Kraften zu Leibc
zu gehen. Voraussetzungen fiir Wanderungen auf Island sind Erfahrung imWandern,
Gesundheit und Ausdauer, Anpassungsfahigkeit und einige Kenntnisse der islkndischen
Sprache.
Das Reisen zu Pferde ist auf Island zur Zeit sehr teuer. FUhrer und drei Pferde
(zwei Reittiere und eins fUr das Gepílck) kosteten 1924 tkglich rund 30 Kronen, das
sind 20 Mark. Es sind wenige, die das heute bezahlen können, aber es sind viele, deren
Sehnsucht ein Sommer auf Island ist. Unsere FuBwanderungen haben in 14 Tagen
nicht so viel Geld geschluckt, wie der Reiter an einem Tage ausgibt.
Das Wandern hat, von diesen handgreiflichen Vorteilen abgesehen, aber noch andere,
die man nicht Ubersehen sollte. Es wird wohl niemand daran zweifeln, daB der Wan-
dernde weit besser beobachtet und sieht, weit mehr hört und lernt als der Reiter. Ich
habe wiederholt beobachtet, daB Reisende durch ihre FUhrer und Pferde, die sie teuer
bezahlten, ganz ihre Freiheit verloren. Man erwartet vielleicht das Umgekehrte. Wir
haben sehr viele Wege gemacht, die mit Pferden einfach nicht zu machen sind, im
Gebirge, in den Lavafeldern und Mooren. Der Reiter ist weit mehr an bestimmte Wege
gebunden als der FuBgknger. Z. B. haben wir fúr den Weg von Eintúnaháls in der
Síða zum Blængur (nahe am Laki) zu Pferde (der Arzt auf Breiðabólstaður hatte
sie uns angeboten und begleitete uns samt zwei ortskundigen Bauern) 6' /3 Stunden ge"
braucht, wiewohl wir ritten so schnell es ging. Der Rúckweg zu FuB, gerade durch
nach dem KompaB, dauerte nur 6 Stunden. Der Grund waren SUmpfe, um die der
Reiter weit ausholen muBte, die uns FuBgangern wenig zu schaffen machten.
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