Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Blaðsíða 23

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Blaðsíða 23
schaukelnde Boot festklammerten, als wáren sie angewachsen, so daB ihm eher die Arnie aus den Schultern gerissen wáren, als daB sein Todesgriff nachgegeben hátte. ^a“n aber durchschauerte ihn plötzlich ein klarer Gedanke D; sein Töchterchen. ^nd mit einem Male erblickte er das Land in der Nahe, und er sah, daB die Kiiste schwarz von Menschen wimmelte, — und er sali, wie einzelne in ratloser Verzweiflung hin- und herliefen. In diesem Augenblick brach ein Schneegestöber herein, und alles 'v’ar wieder verschwunden. Es dauerte nicht lange, und das Boot wurde von einer hichten Eiskruste uberzogen. Nur ein Fleck blieb noch frei, dort, wo seine Hande sich einkrallten, doch auch er vereiste bald, und die Hande wurden eins mit dem Kiel. . . . Es mögen Stunden so vergangen sein, aber dem Bauern schien es eine ganze Ewig- kcit, als er da, von allen verlassen, mitten auf dem sturmgepeitschten Meere zwischen t-eben und Tod schwebte. Allmahlich wurde er von einer starren Gleichgultigkeit er- Enffen, alle seine Gefiihle waren abgestumpft, eine dumpfe Schlafrigkeit schlich sich In seine Glieder. Er liörte nichts mehr vom Donnern des Meeres und vom Tosen des turmes. Es war kein Meer und kein Sturm melir da, aber ein einziger Sonnenschein, nud der Bauer war wieder jung und glucklicher als je zuvor. Er lag auf einem weichen aunenpolster, und seine Frau saB bei ihm am Bettrand und sah ihn lachelnd an, "'ahrend sie ein leises Lied vor sich hinsummte, das ihn in einen siiBen Schlummer ^legte. Ach, der gesegnete Sonntag! dachte er. Wie lieblich ist es, an einem solchen °nntag in der Mittagsstille zu ruhen! TJnd dabei hörte er die Kirchenglocken seiner eirnat in weiter Ferne so still und friedlich lauten. . . . Aber dann waren es doch n*cht Kirchenglocken, wenn er genauer hinhörte. Es war jemand, der weinte. . . . Und as Weinen wurde immer lauter und lauter. Ein Kind weinte. Mein Gott, sein Töchter- uen vvar es| ^Vater I" rief es. Und dabei kam er wieder zur Besinnung. Mein -Gott, J'l<j'n Gott, dachte er, gibt mir Kraít, um auszuhalten und meiner Pflicht treu zu sein! — n<* er betete inbriinstig. Sein Kampf fing an: der gröBte seines Lebens, der Kampf 1,1dem Todesschlaf. Es mögen wieder Stunden oder auch nur Bruchteile von Stunden Vergangen sein, aber es schien kein Ende nehmen zu wollen. Endlich war er nahe daran, es aufzugeben. Er schrie in den Sturm hinaus und bat Gott, sich seiner zu erbarmen UncI ihm seine Schwache zu vergeben. Dann fing er an, das Eis von seinen Hánden den Ziilinen loszuhacken, damit sie frei wurden und er sich in die Tiefe hinunter- « eiten lassen könnte. Er hatte aber nur die eine Hand freigemacht. Dann stieB das °°t ans Land. Eine Sturzsee erfaBte ihn und schleuderte ihn in die Brandung hinaus, nn verlor er sein BewuBtsein. Als er wieder aufwachte, fand er sich auf demtrockenen ^nde, wo er aufrecht stand, von zwei Milnnern gestiitzt. Vor seinen Augen flogen emde Menschengesichter im wirbelnden Sturm. Plötzlich aber wurde alles still um •j,. ’ Und seine Blicke blieben fest an etwas haften — er schrie auf wie ein verwundetes -3er : dort sah er sein Töchterchen unter einer Klippe hocken. Es hielt die beiden ^andchen vors Gesicht und starrte zwischen den Fingern mit toten, weitgeöffneten ^gen in die Brandung hinaus. . . . Er riB sich von den beiden Mánnern los und stiirzte c*as Kind zu. ,,Gott verzeihe euchl“ schrie er, ,,Gott verzeih' euch, daB ihr das an ^ Verschuldet habt!“ Alle starrten ihn bestúrzt an — und dann die kleine Gestalt. auflner bemerkt, als es unter den Felsen krocli. Der Bauer liob sein Töchterchen jj, l>nd weinte, weinte laut und trostlos, und die Tranen gefroren an seinen Wangen. der*rUf> es heim und saB die ganze Naclit bei der kleinen Leiche. In jener Nacht wurde s 5 ^auer ein alter Mann. Ein paar Tage spáter trug er sein Töchterchen in einem nnd 'arZen ^arSe au* ^em Rucken weit, weit fort. Tag und Nacht ging er durch Schnee jj Sturm und ruhte nicht, bis er den alten Friedhof erreichte. Da begrub er es bei der ter und den drei kleinen Knaben. — j-. eit diesem Tage hatte er keine Ruhe mehr. Er versuchte es anfangs, auf dem Lande Wen en zn finden — da, wo er das Meer weder liörte noch sah. Aber jeden Abend, (]as,n er sicli schlafen legte, schien úber ihm das Sausen des Windes im Strohdacli “eeresbrausen selbst, das wilde, endlose Meeresbrausen. ... 75

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