Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Blaðsíða 19

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Blaðsíða 19
dein Töchterchen! Es wiirde sich gewiB darilber íreuen." Und er ging. Wie aber staunte er. als er eswiedersah. Wohl erkannte er es, aber in seinen Áuglein war kein Sonnen- Schein mehr, und seine Báckchen waren nicht wie die Rosen, und sein Stimmchen war kein Drosselgesang mehr. . .. Nein, es konnte ihm nicht gut gegangen sein! Davon aber erzkhlte sein Töchterchen kein Wort, es lehnte nur den Kopf an seine Brust und sprach etwas von der Mutter und den drei kleinen Knaben auf dem Friedhof — und auch davon, wie schmerzlich es ware, daB Vater wieder fort miiBte und es allein zuriick- lassen wilrde. Da konnte der Bauer es nicht iibers Herz bringen, ohne sein Töchterchen zu gehen, und nahm es mit, als er wieder ans Meer zuruckkehrte. Und wirklich, schon unterwegs sah es wieder nach Sonnenschein aus — und nach Rosenrot — und Drossel- gesang!--------- Und nun ward es Winter. Der Bauer ging jeden Tag mit den Fischern aufs Meer hinaus, und jeden Abend erwartete ihn sein Töchterchen an der Ktiste und lachte vor Freude, wenn er wieder 'la war. Es ktimmerte die Kleine gar nichts, daB er meist so kalt war wie ein Schnee- uiann und sein Bart steif und grau vor Frost, sondern sie legte jedesmal ihre warmen Puppenkrmchen um seinen Hals und kiiBte ihn auf den Mund. Was waren das wieder íhr gltickliche Tage! Aber der Winter wurde mit jedem Tage strenger. Man hatte kaum jemals einen erlebt, der mit ihm hátte verglichen werden können. Die alten Leute sprachen be- kömmert davon, daB es vielleicht wieder einen „Eiswinter" geben wtirde wie jenen, von dem sie oft in ihrer Jugend die Erwachsenen hatten reden hören. Es sollte schlimm gewesen sein damals. Das Meer wurde förmlich in eine Eiswilste verwandelt, so- Vveit man sehen konnte, und diese endlose Eisebene war mit toten Seemöven tiber und tiber bestreut, die da im Eise festgefroren standen mit ausgebreiteten Fltigeln und weit aufgesperrten Schnabeln, da sie mitten in dem verzweifelten Todesschrei steif vor Kálte geworden waren. Ja, ja, es war freilich ein trauriges Schauspiel, das unzusehen, aber es erwies sich doch, so schrecklich es war, als ein Zeichen von Gottes ullgiltiger Gnade; denn als die Todeskalte gar nicht aufhören wollte und schon "'ochenlang gedauert hatte, fing das Hungergespenst zu drohen an. Man hatte seit undlosen Zeiten keinen Fisch aus dem Meere bekommen, und mit Brot und Korn muBte 'öan damals recht sparsam umgehen, da kein Schiff vom Ausland zu erwarten war, l>is irgendeinmal im nkchsten Sommer, wenn man sich iiberhaupt auf eins verlassen konnte. So wurden denn diese Seemöven da drauBen aus der Eiswúste zur Rettung Segen die Hungersnot; die schmeckten gut und ihr Fleisch war frisch; kein Eiskeller ‘átte sie besser aufbewahren können als jener, in dem die ganze Welt eingekerkert zu Se*n schien. — So sprachen in diesem Winter bekúmmert die Alten, und auch die Júngeren wurden v°n mancher Sorge bedrúckt. Man suchte sich zwar damit zu beruhigen, daB es kein wunder ware, wenn die Witterung zu dieser Jahreszeit ungönstig sei, aber es traf sich ^otzdem nicht gut; denn Fische gab es da drauBen genug, und man blieb ungern zu _ause sitzen. Nach dem Neujalir schien es aber mit jeder Hoffnung zu Ende. Die 'v'ldesten Schneesttirme tobten oft wochenlang, so daB man keinen Hund hinausjagen m°chte. Bald lag das ganze Fischerdorf unter Schnee, und die Köste wurde von einem 'Oinier dicker werdenden Eispanzer umsaumt. Wenn der Wind sich dann und wann egte, muBte man damit rechnen, daB er nur in eine andere Richtung umschlug, aus er er binnen kurzem wieder mit doppelter Kraft einsetzte. Es war eine Zeit voller Ge- uren, und von úberallher kamen Nachrichten von Unglúcksfallen. Auf den Heiden arnen Reisende um, und auf dem Meer ging ein Schiff nach dem andern mit Mann ,^d Maus unter. — Die alten Schiffer fögten sich aber bald dem Schicksal, brachten au^ rn ^en Bootsschuppen, blieben selbst ruhig zu Hause sitzen und warteten * gúnstigere Zeiten. „Ich bin zu alt, um ein Jakobsringen mit dem lieben Gott an- u angen“, sagte der alte Thord Thordsson einmal. Er war der Altmeister der Boots- 71

x

Mitteilungen der Islandfreunde

Beinir tenglar

Ef þú vilt tengja á þennan titil, vinsamlegast notaðu þessa tengla:

Tengja á þennan titil: Mitteilungen der Islandfreunde
https://timarit.is/publication/323

Tengja á þetta tölublað:

Tengja á þessa síðu:

Tengja á þessa grein:

Vinsamlegast ekki tengja beint á myndir eða PDF skjöl á Tímarit.is þar sem slíkar slóðir geta breyst án fyrirvara. Notið slóðirnar hér fyrir ofan til að tengja á vefinn.