Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 78

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LE NORD
Vorsehung zu ewigem Kriege bestimmt. Wurde nicht eine Ober-
völkerung der Erde eintreten, wenn der Krieg abgeschafft wiirde?
Wiirde nicht solchenfalls die Kultur selbst stagnieren? Der Krieg
ist iiberdies eine Erscheinung , die uns allenthalben in der Ge-
schichte entgegentritt, und die Kriegfiihrung ist die ehrenvolle Ar-
beit eines ganzen Standes geworden. Der Krieg ist in Gedanken-
gang und Erziehung der Menschen, in die Lebensorgane der Staa-
ten und die biirgerliche Gesellschaftsordnung hineingewachsen,
und seine Abschaffung wiirde eine Revolution bezeichnen. Der
Krieg bedeutet das Hingeben des höchsten Irdischen an ein Höhe-
res in der Idee, an den unsterblichen Nachruhm. Wird ein Volk,
das dieses Ansporns beraubt wird, nicht in Feigheit, niedrigen Ge-
danken und leerem irdischen Streben untergehen? Und ferner:
Der Krieg wurzelt nicht allein in psychologischen Faktoren. Alle
Staaten sind zu den Záhnen geriistet, und Tausende von Men-
schen, die zu Kriegszeiten alles, in Friedenszeiten aber wenig be-
deuten und vermögen, haben ein Interesse daran, Unruhe hervor-
zurufen, und sind somit ein stetiges Inzitament zum Kriege. Be-
trachtet man endlich die einzelnen europáischen Grossmáchte,
deren Politik durch ihre natiirliche Lage, ihre relative Stellung
zu einander und die Eigenart ihrer Völker bestimmt wird, —
Schmidt-Phiseldek greift hier offenbar gewissen Gesichtspunkten
der modernen Geopolitik vor —, wird man zugeben miissen, dass
eine Fortsetzung der bisherigen Politik des Gleichgewichts náher
zu liegen scheint, als eine Vereinigung der europáischen Staaten
zu einem allgemeinen Bunde.
Und dennoch! Wir wissen noch so wenig von der mensch-
lichen Natur, dass wir nicht mit Sicherheit feststellen können,
welche ihrer áusseren Erscheinungen als Obergangszustánde und
Mittel der Erziehung und Ausbildung, und welche hingegen als
notwendige Bedingungen des Daseins anzusehen sind. In Wirk-
lichkeit scheint das menschliche Geschlecht nur eine geistige Eigen-
art zu besitzen, »die Bildsamkeit«, die vom Verfasser náher defi-
niert wird als »die Fáhigkeit, den geistigen Begriff als Regel der
Anwendung der materiellen Kráfte anzuerkennen«. Je lánger
diese Fáhigkeit an dem Widerstande der rohen Natur gexibt wor-
den ist, desto grössere Ergebnisse werden die Kulturbestrebungen
aufweisen, indem die blinden Triebe den Zwecken der Vernunft
untergeordnet werden. Wie gross man auch vom Kriege denken
mag, so kann derselbe doch nimmer ein Selbstzweck, sondern nur
ein Mittel zum Ziele sein. »So lange daher die Vernunft als das