Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 196

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LE NORD
Kaufleute und wohlsituierte Gewerbetreibende nur ein schwach
entwickeltes Bewusstsein ihres Biirgertums. Gutsbesitzer und
Grosshándler strebten nach dem Adelsrang und erreichten ihn
oder wollten zum mindesten als »dem Adel ebenbiirtig« gerech-
net werden, und sie eigneten sich den seigneuralen Lebensstil an.
Ist es nicht bezeichnend, dass die Stockholmer Handelsfamilien
des 18. Jahrhunderts als »Skeppsbroadeln« (Kaiadel) bezeichnet
wurden? Mit dem Ende jener »phantastischen« und »prunkvol-
len« Zeit, der Aristokratie und des Hofes, verlor auch die Kunst
ihren Boden. Das Zeitalter Karl Johanns ist fiir die Malerei wie
eine strenge Frostnacht — man kann sich am besten einen Begriff
davon machen, wenn man liest, was Egron Lundgren iiber die
kiinstlerische Situation in Schweden um 1830 geschrieben hat.
In Norwegen liegen die Verháltnisse wiederum anders. Man
hat keine verlorene Grossmachtstellung zu betrauern, keine be-
lastende Tradition, man hat aber auch nicht viel anzufangen, da
man nun einmal auf die diiftigsten áusseren Lebensbedingungen
angewiesen ist. Man war eben erwacht, rieb sich den Schlaf aus
den Augen und erlebte bald genug die Oberraschung, dass Nor-
wegen unter seinen Gebirgen und Fjorden mindestens einen
grossen Maler hervorgebracht hat, der weit umher in Europa
beriihmt war, »Professor Dahl«.
Die Malerkunst der nordischen Lánder durchláuft sonst, jede
fiir sich, wáhrend des 19. Jahrhunderts die gleichen Phasen wie
die Malerei der grossen fiihrenden Kunstlánder. Sie hat jedenfalls
zu den allgemeinen europáischen Strömungen Stellung zu nehmen:
zum Klassizismus, zur Romantik und zum Realismus. Diese
Strömungen laufen ja freilich nicht parallel und voneinander
getrennt, sondern sie begegnen sich und vermischen sich in mannig-
facher Weise: bald vereint sich das Klassizistische mit dem Ro-
mantischen, bald der Klassizismus mit dem Realismus, bald die
Romantik mit dem Realismus. In Dánemark spielt die Romantik
die geringste Rolle. Erst bei Sonne, gegen Mitte des Jahrhunderts,
macht sie sich bemerkbar, im Einklang mit einer anspruchslosen,
naturgetreuen Schilderung des Volkslebens. Der Klassizismus (die
»Neuantike«) setzt mit Eckersberg und seiner Schule kráftig ein.
Aber dieser dánische Klassizismus hat nichts von grossen Gebár-
den und pathetischer Anstrengung, er bleibt immer voll »gemiit-
licher« Bíirgerlichkeit (»hygge« och borgerlighet) und verbindet
sich mit einer realistischen Entdeckerfreude. Marstrand reprá-
sentiert die malerisch freie Pinselfuhrung im Gegensatz zu der