Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Page 22
sted und Frau Linde seine Ehre gerettet haben, sagt sie: „Ich habe in diesen drei Tagen
einen schweren Kampf durchgemacht." Helmer (spáter): „Nora! Was soll das be-
deuten ? Dieses starre Gesicht!"
Auch der EntschluB der Frau Sigríð, mit Hjálmar fortzugehen, weil ihreEhemit John-
sen nur ein,,Zustand gewesen sei, in dem der eine Herr, der andere Iebenslang Sldave
war" und daB sie deshalb fort will: „Ich bin mein eigener Herr" erinnert an Nora,
die ihren Mann verláBt, weil sie schlieBIich, so verschieden auch ihr Zusammenleben
mit Helmer von dem Sigríðs der Frau mit Johnsen gewesen ist, schJieBlich einsieht,
daB sie tatsáchlich nie etwas anderes gewesen ist als ein Spielzeug Helmers, und
schlieBlich durch dcn Ernst des Lebens ein selbstándig denkendes Wesen geworden
ist: „Ich glaube, daB ich in erster Linie ein Mensch bin, so gut wie du.“
Im 3. Akt erzáhlt Sigríður Hjálmar von ihren Leiden und sagt ihm, daB das Meer
sie oft getröstet habe: „Ich hatte immer das Meer zu meinem Troste. Es wechselt
jede Stunde sein Aussehen. Oft ist es sanft und beruhigend, manchmal schrecklich
Wenn ich allein hier saB, zog es alle meine Gedanken an sich, Auge und Ohr wurde
mit ihm vertraut. Es lachte und drohte abwechselnd und seit langem war es meine ganze
Welt auBerhalb meiner vier Wánde. — Hier liegt deutlicher EinfluB Ibsens in „Frau
vom Meere" vor. Ellida teilt ihrem Manne Wangel mit, daB sie mit einem Seemann
verlobt gewesen sei und welche Zaubermacht die See iiber sie ausube (2. Akt): „Tag
und Nacht, Winter und Sommer IáBt sie mich nicht frei, diese quálende Sehnsucht
nach dem Meere--------- wir sprachen meist von der See — von Sturm und Stille, von
dunklen Náchten auf dem Meere. DasMeer in den Tagen glánzenden Sonnenscheins."
Sigríður sagt zu Hjálmar: Die See sang sich so in mein Herz, daB sie mich be-
zauberte. Ich glaube noch, es wáre das Beste, soweit als möglich auf die See hinauszu-
fliehen, ohne daran zu denken, was draufien ist.
Ellida sagt (im 3. Akt): „Ichmeine, wenn dieMenschen nur vonAnfang an sich daran
gewöhnt hátten, auf dem Meere zu leben -— vielleicht im Meere — dann wáren wir jetzt
wcit vollkommener als wir sind, besser und glucklicher."
Vielleicht erinnert auch Brynhild ein wenig an Hilde, die Tochter Wangels, in
demselben Schauspiel: sie ist ein fröhliches junges Mádchen, das sich erlaubt, mit dem
Oberlehrer Arnholm ihren Scherz zu treiben, wie auch Brynhild nicht allzu groBe
Hochachtung vor Frau Guðríð und Frau Thorkelín zeigt.
Auch die alte Liebe Hjálmar Pálssons erinnert an den unbekannten Seemann in
diesem Schauspiel. Das tritt am Ende deutlich hervor: Wangel hat sich bemiiht, seine
Frau Ellida davon abzubringen, mit dem unbekannten Mann fortzugehen, ebenso wie
Brynhild sich bemiiht hat, ihre Mutter davon abzubringen, mit Hjálmar zu gehen.
AIs Wangel schliefilich sieht, dafi er seine Frau nicht Iánger zuriickhaltcn kann, heifit
er sie gehen, wie Brynhild ihre Mutter. Die Dampfschiffsglocke erklingt zum letzten-
mal bei Ibsen, der unbekannte Mann erwartet, dafi Ellida ihm folgt, aber jetzt, da sie
volle Freiheit hat und ihrer eigenen Vcrantwortung sich bewufit wird, entschliefit sie
sich nicht zu gehen, sondern die Ehe mit Wangel auf neuer Grundlage aufrechtzuer-
halten. Sigríður bedarf ebenfalls nur eines Augenblicks, um ihre Absicht, Hjálmar zu
folgen, aufzugeben, sowie das PflichtbewuBtsein in ihrer Brust die Úbermacht gewinnt.
In „Hedda Gabler" erscheint der trinkende Gelehrte Ejlert Lövborg, der fruher
Hedda Gabler nahegestanden hat, wáhrend sie jetzt mit dessen altem Studienfreund
Tesman verhciratet ist. Im 2. Akt trifft Lövborg sie wieder, und wáhrend Tesmau
nicht hinhört, spricht er mit ihr wie in alten Tagen, nennt sie Du, aber sie fordert ihn
auf, das zu unterlassen. „Keine Untreue! Davon will ich nichts wissen!“ Das erinnert
einigermaBen an Hjálmar (3. Akt), der Sigríður in seiner Gewalt zu haben glaubt;
Sigríður kommt sein Benehmen zudringlich vor und sie sagt: „Nein, nein! Nicht in
meinem eigenen Zimmer! Sie dúrfen mir mein altes Ideal nicht rauben."
AIs Johnsen sich erschiefien will, Einar ihm die Búchse wegnimmt und ihm sagt,
er dúrfe das seinen weiblichen Angehörigen nicht antun, sagt Johnsen, es gche diesen
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