Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Page 28
gabe macht, die guten Seiten der Deutschen, Englander und Franzosen
zu behandeln, da man von ihren Fehlern so schon genug höre.
Einstweilen liegen mir die Ausfiihrungen iiber die Deutschen und die
Englánder vor. Die Darlegungen iiber die Englánder sind sehr rosig ge-
fárbt und mögen bei dem Nimbus, den England stets um sich zu ver-
breiten verstand, der Úberzeugung des Verfassers entsprechen. Fiir uns
wichtiger ist, was der Verfasser iiber die Deutschen zu sagen hat.
Man wird das Folgende nur dann richtig beurteilen, wenn man sich den
Zweck der Ausfiihrungen klarmacht. Sie sollen der Aufklárung der Bevöl-
kerung einer kleinen Handelsstadt am Meer dienen, die man sich hauptsáchlich
aus Bauern und Fischern zusammengesetzt denken muB, Leuten, denen der
Weg gezeigt werden soll zu einem richtigeren Urteil iiber uns, als die Nach-
richten des „Reuter“-Biiros und sonstige englische Auslassungen es gestatten.
So mag uns die Aufzáhlung stellenweise kindlich, oft unvollkommen und
einseitig erscheinen, aber wenn man die Absicht bedenkt, wird man die
Form verzeihen. Der Abschnitt aber, der davon handelt, was Island Deutsch-
land zu verdanken habe, ist in all seiner Einfachheit und Harmlosigkeit,
wie sie fiir die Leser des Blattes nötig ist, doch fur uns höchst fesselnd.
Darum schien es angebracht, den ganzen Abschnitt uber Deutschland
ungekurzt vorzulegen.
Auffállig sind die Bemerkungen úber den „Militarismus" und uber den
EinfluB Nietzsches. Es entspricht dem von England verbreiteten Márchen
vom deutschen Militarismus, daB man in Nietzsches „Ubermenschen"
den philosophischen Vertreter des rúcksichtslosen, ruhmgierigen Eroberers
sieht, und von diesen Verdrehungen hat sich der Verfasser unseres Artikels
trotz besten Wollens nicht freimachen können.
Einleiíung
Die Deutschen sind das stárkste aller Völker, und wir wissen nicht, was andere Völker
an ihrer Stelle tun wiirden.
Sie sind eines der tiichtigsten Völker, die je auf der Welt waren. Sie sind das álteste
von allen den Völkern des jetzigen Europas, die ihre Selbstandigkeit besitzen.
Sie hatten beruhmte Ahnen, die die alten Römer anstaunten und nicht uberwinden
konnten. Und diese Ahnen der Deutschen waren den unseren an Mut, Tatkraft und
Edelsinn gleich. Und die Ahnen beider stammen von dem bedeutendsten Stamme
des Menschengeschlechts. Wir stammen also von hervorragenden Vátern und daher
kann man viel von uns verlangen.
Die Deutschen sind auch eines der begabtesten Völker, die je auf der Welt gelebt
haben, eines der klúgsten und gedankenvollsten Völker, das gelehrteste und alles in
allem das gebildetste Volk der Welt in der Gegenwart. Denn in Deutschland sind jetzt
die meisten und besten Hochschulen der Welt. Und bei keinem groCen Volk ist die Volks-
bildung so allgemein. Vor 45 Jahren, sagte der französische Philosoph Taine, konnten
dort alle Iesen, am meisten in Norddeutschland.
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