Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Blaðsíða 29

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1917, Blaðsíða 29
Deutsche Wissenschaft Von Deutschland hat die Menschheit die Buchdruckerkunst bekommen. Von Deutsch- land kam die Reformation. — Luther hat kaum seinesgleichen in der Welt. Einen so hochbegabten Glaubenshelden gibt es nirgends auBer in Deutschland. Und Luther war ein echter Deutscher mit Lcib und Seele. Und der andere Reformator, Zwingli, in der deutschen Schweiz, war auch ein begabter Glaubensheld, und dazu freien Sinnes. Deutschland ist Iange die Hauptstátte der Theologie gewesen. Der ganze Norden, auch England, Holland, Nordamerika und noch mehr Lánder haben in diesen 4—5 Jahrhunderten nach der Reformation dort gelernt. Aus Deutschland stammen die meisten und besten Kirchenlieder der Protestantcn und die besten Erbauungsschriften fiir das Volk. Von den Deutschen hat unser Hallgrímur (Pjetursson, beruhmter Dichter von Kirchen- liedern) mehr gelernt als von irgendeinem anderen Volk. Nicht nur in der Dichtkunst, sondern auch in Glaubenslehren. Unsere christliche Lehre ist, meine ich, in noch höherem Grade deutsch als die der Dánen und Norweger. Allerdings haben beide auch von den Deutschen gelernt. Aber die Dánen haben Grundtvig und Kirkegaard und die Norweger haben diese beiden und dazu ihren H. N. Hauge als Glaubenslehrer. Der deutsche Rationalismus hat so auf Island festere Wurzel gefaBt als in Dánemark und Norwegen. Und dann die Philosophie. Das alte Griechenland war die Heimat der Philosophie. Aber dann kommt gleichDeutschland, wenigstens seit dem 18. Jahrhundert. Da Iebten Leibniz, Kant und Fichte, die Bjarni Thorarensen als die gröBten Philosophen anfúhrt (im Gedicht „Der Tod"). Auf Hegel folgte Kant mit seinem Gedanken vom „ewigen Frieden" auf Erden. Ihnen folgten die Pessimisten Schopenhauer und Hartmann1 die gröBten Philosophen des Frauenhasses. Doch konnten sie die Frauenbewegung von Dcutschland nicht fernhalten. Dann kommen schlieBlich der neue Kampfesphilosoph Nietzsche und sein Kreis. Sie setzen die Kraft an die Spitze der Tugenden. Sie sagen, die Gewalt sei das höchste Recht, und haben damit ihr Volk sehr verdorben und den Iíriegsgeist genáhrt. So verschiedene Richtungen gibt es in der deutschen Philosophie, und dabei sind viele nicht genannt. Auch in anderen Wissenschaften, Z. B. der Medizin, Zoologie, Astronomie, haben sie GroBes geleistet. Und zahllose Erfindungen haben sie gemacht, z. B. Luftschiffe und Flugzeuge. Auf dem Gebiete des Militárs und der Strategie úbertreffen sie jetzt alle Völker der Welt. In Handel und Industrie, Ackerbau und Waldbau, Seefahrt und vielen anderen praktischen Fortschritten haben sie jetzt die meisten Völker der Welt úberflúgelt und stehen auf gleicher Stufe, ja in einzelnen Punkten iiber den Englándern und Amcri- kanern. Nun lernen sie auch die natúrlichcn Kráfte ihres Landes besser auszunútzcn als irgendein anderes Volk. Deutsche Kunste In den schönen Kúnsten habcn die Deutschen lange alle anderen Völker tibertrofíen. Die tiefsinnigen und formvollendeten Dichter Schiller und Goethe sind Iángst Muster und Vorbild der meisten Dichter und Gelehrtcn der Welt geworden. Auch unsere Dichter, besonders Jónas Hallgrímsson und Steingrímur Thorsteinsson haben von diesen und anderen groBen deutschen Dichtern viel gelernt, z. B. Heine, den Kristján Jónsson so sehr schátzte. Heine war ein Dichter Ieichten Spottes und zarter, tiefempfindender Lyriker zugleich. Deutschland ist auch der eine Mittelpunkt aller Musik, z. B. der Liederdichtung (der andere ist Italien). Man braucht nur die Namen Beethoven, Bach, Mozart und Hán- del zu nennen. Und die anermeisten und allerbesten unserer Kirchenlieder stammen aus Deutschland. 71

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